von Valerie Vonroe
Möglicherweise ein ausgeprägtes Selbstwertgefühl, dass einer „Kränkung“ keine Chance gibt, als solche wahrgenommen zu werden… Kränkung könnte man an eine Ansammlung von Verkettungen unglücklichen, wiederkehrenden Erfahrungen zusammenfassen. Meine Vorstellung wie sich das Kränkungspotential eines Menschen entwickeln kann: Die erste „Kränkung“ erleben wir alle gleich. Bei der Geburt werden wir von unserer warmen, schützenden, selbstversorgenden Umgebung in die Welt hinaus katapultiert. Aus mit der Embryohaltung. Hinein in die reale Welt. Sie ist laut, hell, kalt und wir werden nicht mehr vierundzwanzig Stunden ab Tag umarmt.
Trotzdem werden nicht alle Babys automatisch zu Schwerverbrechern aufgrund dieser Kränkung, aber der Erfahrungsschatz im Unterbewusstsein baut sich stetig auf. Wir entwickeln uns jeden Tag weiter, ob als Kleinkind oder Erwachsene, entscheidend ist – wie schätzen wir uns selbst, wie nehmen wir uns wahr, wie werden wir von anderen gesehen. Wir alle können diese „Kindheitsgeschichten“, die an allem Ungemach schuld sein sollen nicht ungeschehen machen, beim sogenannten „Aufarbeiten“ – na, ob sich das noch ausgehen würde für ein besseres Lebensgefühl im Jetzt… ist es wahrscheinlich die effizientere Lösung zu akzeptieren und selbstbestimmt zu agieren.
Fühle ich mich wertvoll, als Gefühl betrachtet = Selbstwertgefühl.
Jeder kennt die Aussagen – bei mir geht immer alles schief, ich komme immer an die falschen Männer, ich muss immer alle Kolleginnen vertreten… und es ist wesentlich einfacher zu denken – die anderen sind böse, schuldig, ungerecht – und ich das ewige Opfer.
Und wenn dann irgendwann einfach alles zu viel wird, sich eine unsichtbare Dynamik entwickelt, kann ich es nachvollziehen, dass ein Mensch in einen Ausnahmezustand gerät und dass Fass überläuft. Eine Entladung lange angestauter Emotionen – ein Knall, eine Explosion, ein oder mehrere Messerstiche und dann ist es endlich ruhig. Das Krebsgeschwür hat sich entladen, totale Befreiung und die Bereitschaft die Konsequenzen zu tragen – das war es wert – Selbstwert.
Kann es uns gelingen diese fremde Macht der Kränkungen/seelischen Verletzungen für die Stärkung unserer Persönlichkeit zu nutzen, unseren Selbstwert zu stärken? Wie bei allen psychischen Erscheinungen und deren Bezeichnungen dafür ist die einzige Chance für jeden von uns aus diesem Sumpf, dieser Opferrolle herauszufinden. Bildlich gesprochen, wie eine Waage – ein Kilo wird niemals die Seite mit zehn Kilo aufwiegen, es entsteht ein Ungleichgewicht. Das innere Ungleichgewicht rechtzeitig zu erkennen, sich bewusst zu machen – nur ich kann es ändern, indem ich mich ändere – statt mich darauf zu verlassen, dass ich die Opferrolle auf Lebenszeit gepachtet habe, was insgeheim auch wesentlicher bequemer ist.
Willst du die Welt verändern, so verändere dich selbst, dann wird sich die Welt auch dir gegenüber verändern. Mahatma Gandhi
© Valerie Vonroe 2022-11-01