Das geht schon!

Daniela Krammer

von Daniela Krammer

Story

15:00 Uhr. Ich hab noch vier Stunden Zeit, um gesund zu werden. Der Kopf dröhnt, die Nase rinnt, ich huste, was das Zeug hält. Vor ein paar Jahren hätte ich dazu noch Panik bekommen: „Hilfe, ich muss in vier Stunden auf der Bühne stehen! Ich muss geschminkt sein und strahlend aussehen, die Menschen bei der Preisverleihung haben sich das verdient! Wie soll ich das nur schaffen?“ Heute bin ich erfahren genug um zu wissen: ich schaffe das.

16:00 Uhr. In einer Stunde muss ich anfangen, mich für den Auftritt fertig zu machen. Ich packe mal meine Instrumente zusammen, die kleinen Akku-Box, mein Mikrofon. Jedesmal Hinunterbeugen sticht mein Kopf, mein Rücken schreit gequält auf. Verdammt, vielleicht sollte ich doch noch ein Schmerzmittel nehmen. Ein Parkemed, dann doch noch schnell ins Badezimmer die Haare machen. Jetzt eine Stunde auf dem Rücken liegen und ruhen. Um Fünf bin ich dann sicher fit.

16:30 Uhr. Ich röchle, meine Nase ist zu, mein Hals kratzt, nur noch eine halbe Stunde, bis ich mich bereit machen muss. Naja, 45 Minuten, denn meine Haare sind ja schon gemacht und Schminken schaffe ich in 15. Um halb sechs muss ich jedenfalls im Auto sitzen – mit meinen Instrumenten, ja nichts vergessen! In meinem jetzigen Zustand check ich lieber nochmal meinen Trolley: Box, Kabeln, Saxofon-Ständer, Mikro, Instrument – alles da. Ich lege mich mit Nasentropfen nochmal hin. Vierzig Minuten.

17:05 Uhr. Verdammt, was ziehe ich heute an? Wie war denn der Dresscode, Abend oder Business? Mails aufrufen: Black Tie. Verdammt, da muss ich glänzen. Ein Abendkleid geht heute definitiv nicht, da käme ich todkrank zurück. Also drunter hautenge Hosen, schwarzer Glitzer-Rolli, drüber goldglänzender Gehrock. Jetzt noch schminken. Zum Glück habe ich endlich einen beleuchteten Schminkspiegel. Die dunklen Ringe unter den Augen müssen besonders intensiv abgedeckt werden. Husten, Niesen, aber der Kopf tut fast nicht mehr weh.

17:30 Uhr. Ich sitze im Auto, der Bordcomputer zeigt mal wieder einen anderen Weg als Google am Handy. Sorry Bordcomputer, das Handy gewinnt üblicherweise. Pünktlich um viertel nach sechs: Ankunft, ich nehme meine Sachen aus dem Auto und stöckle in meinen super bequemen und trotzdem eleganten Stiefeletten in die Location. Strahlend kommt der Veranstalter auf mich zu, begrüßt mich – eine kurze Besprechung, ich weiß, was zu tun ist. Punkt 19:00 Uhr beginnt die Veranstaltung und ich stehe auf der Bühne und begrüße mit meinem Saxofon die Gäste.

Drei Stunden später ist die Veranstaltung vorbei, die Preise sind verliehen, das Gala-Dinner genossen. Beim Verabschieden kommen noch Gäste zu mir, sie bitten mich um meine Visitenkarte und machen mir Komplimente. Ich strahle und fühle mich großartig. Kein Husten, kein Schnupfen, kein Kopfweh mehr. Die Bühne und die Musik haben mich wieder einmal geheilt. Jedenfalls für die Dauer des Auftritts. Mal sehen, wie es mir morgen gehen wird.

© Daniela Krammer 2020-01-30

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