Es war einen Tag vor Weihnachten in einer kleinen Hütte am Berg. Aus dem Radio drang leise Musik, ich trank ein paar Tassen Eierlikörpunsch mit meinen Freunden – möglicherweise eine zuviel – und aß Kekse. Die Keksbrösel aus meinem Strickpulli klopfend, ging ich zum Fenster und malte mit meinem Finger einen Stern in den Dunst. Draußen dämmerte der Abend und ich wollte zurück zu meiner Herberge, bevor es finster war. Hastig verabschiedete ich mich, verließ die Hütte und machte mich auf den Heimweg. Draußen fielen Schneeflocken, dick wie Münzen, ich wickelte meinen Schal enger und zog mir meine Haube tief ins Gesicht. Ich nahm den Weg ins Dorf, dürfte jedoch schon bald abgekommen sein. Orientierungslos stapfte ich durch den Pulverschnee, der bei meinen Stiefeln hineinquoll, da hörte ich ein Geräusch. Ein Reh stand vor mir und starrte mich an, ich glotzte verwundert zurück, rieb mir übers Gesicht. Träumte ich? Einen Atemzug später war es weg, doch zarte Ausnehmungen in der Schneedecke wiesen mir seinen Weg. Ich folgte den Spuren, bis sie an einem ausgetretenen Pfad endeten. Hoffnung keimte auf, ich mobilisierte meine Kräfte und lief auf einen hellen Punkt zu. In einem Feuer knackten Ästen und wärmten mein Herz. Um das Lagerfeuer saßen meine Freunde und sangen begleitet von einer Gitarre. Wieso ich die Musik nicht von weitem hörte, wollte mir nicht einleuchten. Offenbar war ich im Kreis gelaufen. Ein großer Kessel Suppe köchelte über der Feuerstelle. Ich setzte mich auf einen Stein, die Füße und Arme zum Feuer gestreckt, dampfte wie ein Brot, wenn es aus dem Ofen kam. Nach zwei Tellern Suppe, die meine Zunge verbrannten, legte ich mich ans Feuer, rollte mich in ein dickes Schafsfell und schlummerte. Ich träumte von einer großen Tanne unter der Pakete lagen, die ich schüttelte. Was da wohl drinnen war? Manche waren schwer, andere gaben seltsame Geräusche von sich, die meisten bunt verpackt. Ich öffnete sie der Reihe nach, doch alle waren leer.Nachdem ich das letzte geöffnet hatte, weckte mich die Sonne. Blinzelnd stellte ich fest, dass mein Mantel am Boden festgefroren und der Bart vereist waren. Jemand streckte mir helfend eine Hand entgegen, um mir aufzuhelfen, ein anderer klopfte mir den Schnee aus der Mütze und reichte mir meinen Schal. Ich hatte Glück gehabt, meinten sie, hätte erfrieren können, so weit abseits des Weges. Feuerstelle hätten sie keine gesehen, aber ein Paket hätte ich umarmt.Das war knapp dachte ich, und grübelte über die Ereignisse der letzten Nacht. Schnee konnte ich keinen mehr sehen, mich sehnte es nach Block und Stift in einer warmen Stube, um die Ereignisse aufzuschreiben. Ich ging zurück ins Dorf, setzte mich an den Schreibtisch und öffnete das Paket, das – auf welchem Weg auch immer – zu mir gekommen war. Als ich es öffnete, wusste ich, dass eine gute Idee drin war, eine die mich nicht mehr loslassen würde und aus der vielleicht einmal ein Buch wird. Es war Weihnachten.
© Wolfgang Kirchner 2021-12-10