Das Gesinde oder Knecht und Magd

Florian Puckmayr

von Florian Puckmayr

Story

Nach dem Krieg. In meiner frühen Kindheit, es gab noch das Gesinde. Meine Eltern hatten einen eher kleinen Hof, zu halb ein Bergbauernhof. Viel Handarbeit. Das Mähen mit der Sense. Mein Vater war ein guter Mäher, aber die Wiesen auf den Hängen zu mähen, schaffte er nicht allein. Die Hofwirtschaft beschäftigte daher immer einen Knecht. Er machte die Hauptarbeit im sogenannten Außenbereich.

Für die Arbeit mit den Kühen hatten meine Eltern eine Magd. 10 bis 12 Kühe und ihre Kälber. Das gab genug Arbeit für eine meist junge Frau. Füttern, Ausmisten. Einstreuen, mit Hand Melken, die Kühe, die Kannen und den Stall sauber halten. Die Magd stand im Sommer um vier Uhr auf, im Winter um fünf. Es musste die Milch zur Abholung bereitstehen. Sie war aber auch eine wichtige Hilfe bei der Außenarbeit. Zum Beispiel bei der Heuernte. War es mit der Außenarbeit etwas entspannter, war es ihr erlaubt, ein Mittagsschläfchen zu halten.

Der Knecht kam ordentlich dran. Jeden Tag von sieben Uhr bis achtzehn Uhr bei der meist schweren Arbeit. Mit der Sense das Getreide mähen, den Roggen, den Weizen und den Hafer. Dazwischen den Klee. Das Getreide wurde auf dem Feld in Garben gebunden und in Mandeln aufgestellt. Dann in die Scheune eingefahren. Im Winter wurde mit der Dreschmaschine gedroschen …, aber immer war der Knecht ganz vorne dabei.

In meiner Familie saß das Gesinde mit den Familienmitgliedern an einem Tisch und aß auch dieselbe Kost. Bei den Großbauern hatte das etwas zahlreichere Gesinde einen von der Bauernfamilie getrennten Tisch und aß auch andere, meist bescheidenere Gerichte. Viele Suppen, kräftige je nach Saison verschiedene Suppen. Ich erinnere mich an eine Milchsuppe, oder an eine süße Suppe, … heute gänzlich unbekannt.

Die Magd war immer ledig. Sie durfte nicht schwanger werden, in dem Fall wurde sie fast immer entlassen. Die Besitzbauern wollten die volle Arbeitskraft der Magd für den Betrieb nutzen und das mitessende Kind wäre als ein unnützer Mitesser betrachtet worden. Meine Eltern entließen zweimal ihre jungen Mägde, weil sie schwanger wurden. Sie mussten zurück in ihr meist armes Elternhaus, das die junge Frau wegen eines Essers zu viel loswerden wollte. Und jetzt kein guter Start für ein junges Menschenleben!

Der Knecht wurde besser nicht Vater. Standen gerichtliche Unterhaltsklagen an, bekam der Bauer mit bürokratischer Arbeit zu tun und er musste offen legen, wie er es mit der Entlohnung hielt, was die Bauern in der Regel nicht goutierten. Mein Vater beschäftigte mal so einen Knecht, er stöhnte, aber weil der Knecht arbeitsam sei, wolle er sich das antun. Das Gesinde hatte in der Regel strukturbedingt, den Gegebenheiten der sozialen Verhältnisse nach, praktisch kein Recht auf ein Sexualleben. Die christliche Sexual- und Arbeitsmoral! Die Besitzbauern hatten, wenn sie gesund waren und der christlichen Sexualmoral zu entsprechen suchten, meist einen reichen Kindersegen.

Melkmaschinen und Traktoren veränderten das soziale Bild radikal.

© Florian Puckmayr 2021-06-20