Das Hahnderschlagen

Franz Fingerlos

von Franz Fingerlos

Story

Im Lungau gehörte früher zu den Osterunterhaltungen das Gonesrennen und auch das sogenannte Hahnderschlagen. So etwas würde man heute nicht mehr abhalten können, denn man käme mit dem Tierschutzgesetz in Konflikt. Am Ostermontag war es zum „Weichgeah“. Dies ist ein alter Osterbrauch, da werden die Patenkinder zum Göd oder zur Gota zum Weichessen eingeladen. Der Name „Weichgeah“ kommt von der am Ostersonntag in der Kirche abgehaltenen Speisenweihe.

Mein Firmpate wohnte in der Nachbarschaft, dessen Einladung zum Weichgeah folgte ich natürlich sehr gerne. Nach dem guten Weichessen durften wir bei der dörflichen Veranstaltung Hahnderschlagen zuschauen.

Nun, dieses Hahnderschlagen spielte sich folgendermaßen ab: Auf einer trockenen Wiese versammelten sich Jung und Alt aus dem ganzen Dorf, miteingeschlossen als Zuschauer die Weichgeher. Für musikalische Unterhaltung sorgte ein Harmonikaspieler. Auch Schnaps wurde an die Erwachsenen verteilt. Ein redegewandter junger Bauernsohn übernahm die Organisation, er führte durch den ganzen Nachmittag. Zu Beginn wurde ein schöner Hahn an einer circa 20 m langen, dünnen Schnur, welche an einem kleinen Pflock befestigt war, angebunden. Dann wurde aus den Anwesenden jemand auserwählt. Er bekam eine lange aus Stroh geflochtene Peitsche und wurde nun aufgefordert, mit verbundenen Augen den Hahn mit seiner Strohpeitsche zu erschlagen. Dazu gab es noch eine Erklärung: Wenn die Musik laut spielte, war der Hahntöter nahe beim Hahn und sollte dann sofort die Peitsche schwingen, wenn sie leise spielte, war er weiter entfernt. Natürlich war das nur ein Schmäh, denn der Musikant hielt sich nicht an die Regel und führte den Handerschlager so in die Irre. Auch der Ansager trug das Nötige bei, er redete und jammerte zur Gaudi der Leute: „der arme Hahn, der arme Hahn, jetzt ist er hin!“, usw.

Der Hahn konnte natürlich immer in die entgegengesetzte Richtung flüchten und wurde so nie erwischt, da der Hahnderschlager mit seiner Strohgoasl immer ins Leere fuchtelte. Infolgedessen musste er dann Strafe zahlen. Dieses Geld kam dann in die Gemeinschaftskasse vom Ort, womit man meistens eine kleine Tanzveranstaltung machte. So verging ein unterhaltsamer und besonders für uns Kinder lustiger Ostermontag.

Wohl daher kommt die heute bei uns im Lungau noch gebräuchliche Redensart , wenn einer viel ausgeht und bei jeder Veranstaltung dabei ist: „Der ist bei jedem Hahnderschlagen dabei“.

© Franz Fingerlos 2022-04-05

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