Das Herzerl Haus im Waldviertel

feuervogl

von feuervogl

Story

Da ich Kraftplätze im Waldviertel untersucht habe und geführte Wanderungen zu einzelnen Plätzen anbiete, sind Freunde auf mich zugekommen, ob wir nicht zusammen mit unseren Frauen so eine Wanderung machen können. Und so machten wir uns auf den Weg in die „Kraftarena Groß Gerungs“ zu einem meiner Lieblingsplätze. Auf der 38er nach Groß Gerungs links hinunter nach Harruck abbiegen und an einem kleinen Parkplatz Autos abstellen. Augenblicklich sind wir vom märchenhaften Wald eingefangen. Dort ist es so ruhig, dass alle Waldgeräusche wahrzunehmen sind und uns das Plätschern des Baches begleitet. Nicht weit und wir sind schon an einem sehr mächtigen Kraftplatz angekommen, wo viele Jahre ein Wackelstein leicht in Bewegung gesetzt werden konnte. Leider einmal zu heftig, sodass der 24 Tonnen Koloss herabfiel und zerbrach. Der Kraftplatz aber hat keinen Schaden genommen und so kann man sich immer noch seiner Energie aussetzen.

Während wir ganz von diesem Waldweg, seinen Geräuschen und den einfallenden Sonnenstrahlen verzaubert weitergehen, sprechen wir wie von selbst nicht. Die Ruhe will uns ins Herz dringen. Plötzlich steht ein kleines Blockhaus mit grünen Fensterläden vor uns. Am Dach ein Türmchen, sodass man eine Kapelle vermuten kann. Dem ist auch so, sie ist dem Schweizer Nationalheiligen Klaus von der Flüe geweiht. Ein sehr interessanter Zeitgenosse, der am 21. März 1487 an seinem 70. Geburtstag verstorben ist. Er war Bauer und Soldat, verheiratet, hatte 10 Kinder und ging mit 48 Jahren in die Einsiedelei der „Klause in der Ranft“. Man sagt er habe 20 Jahre nichts gegessen und nur Wasser getrunken. Was auch vom Patriarchen von Konstantinopel, der ihn eigens deswegen überprüft hatte, bestätigt wurde. Ein Vorreiter der Lichtnahrung sozusagen. Darauf reduziert würde seiner Bedeutung allerdings nicht gerecht werden, denn er war ein Friedensheiliger (1947 heiliggesprochen) und wegen seiner Biografie haben es die Schweizer schwer mit diesem „Aussteiger“ als Nationalheiligen umzugehen.

Die Kapelle hat aber noch weitere Besonderheiten, man kann die Glocke, die im kleinen Dachreiter hängt, durch das herabhängende Seil läuten, und wenn man es schafft, dass die Glocke nur dreimal anschlägt, werden Wünsche erfüllt, sagt die Sage. Ist ziemlich schwierig, da sie entweder zu viele oder zuwenige Male anschlägt, versucht es einmal selbst!

Das Skurrilste aber ist, dass die Kapelle zuerst von einer Kaufmannsfrau aus Groß Gerungs errichtet wurde, der offensichtlich mit ihrem Mann langweilig war, und sie dort im Wald Vergnügungen mit anderen Männern suchte. Die Herzerln an den Fensterläden zeugen heute noch von der ursprünglich amourösen Nutzung des kleinen Blockhauses. Nach einem Besitzerwechsel wurde sie 1948 als Kapelle Nikolaus von der Flüe geweiht. Passt aber irgendwie in das „skandalöse“ Leben des Klaus, dem eine Ur-ur-ur-ur etc. Enkelin mit dem Buch „Der Aussteiger“ ein modernes Denkmal gesetzt hat.

© feuervogl 2020-03-20

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