Das kleine GlĂŒck erkennen

Barbara Prinz

von Barbara Prinz

Story

Wir haben uns vor drei Jahren fĂŒr einen Patensohn aus Kalkutta entschieden. Ganze 6800 Kilometer liegen zwischen uns. Und dennoch: Das kleine GlĂŒck ist erkennbar. Die Verbindung zwischen uns ist spĂŒrbar. NĂ€he geschieht beispielsweise ĂŒber unsere Post. Zweimal im Jahr erhalten wir Post vom kleinen Ariyan, zweimal im Jahr mindestens schreibe ich einen Brief an ihn, den nun schon 9-jĂ€hrigen Buben, und erzĂ€hle von uns. Ich zeichne selbst etwas Cooles oder kreiere am Ipad sportliches Briefpapier, weil es soviel Freude macht. Meist lege ich Sticker bei, mindestens aber ein paar Fotos von uns. FĂŒr diese Kinder ist die Post ganz wertvoll und wichtig. Zeichen der Verbundenheit. Auch ĂŒber diese Distanz.

Wer die Organisation „ZUKI-Zukunft fĂŒr Kinder“ noch nicht kennt, darf sich gerne an mich wenden. Ich wollte vor Jahren schon lange ein Patenkind unterstĂŒtzen. Wie es der Zufall so wollte, erfuhr ich von einer Freundin, die sich fĂŒr die Organisation engagiert, dass wieder „neue Kinder“ aufgenommen worden waren. Hellhörig wie ich war, fragte ich nach: Welche der Kleinen hatte das GlĂŒck, aufgenommen zu werden?

Es stehen nur eine bestimmte Anzahl an HeimplĂ€tzen zu VerfĂŒgung. Der Leiter der Organisation vor Ort, Xavier Raj Arul, entschloß sich zu folgender Vorgangsweise. BedĂŒrftige MĂŒtter, die ihre Kinder in das „ZUKI-Village“ zur Betreuung geben wollen, können um einen Heimplatz ansuchen. Allerdings mĂŒssen diese MĂŒtter zuerst auf die Behörde gehen, fĂŒr das Kind eine Geburtsurkunde ausstellen lassen. Nur dann wird es vom offiziellen Indien anerkannt und hat spĂ€ter die Chance auf einen Pass. Mit der Urkunde beantragen die MĂŒtter in den ZUKI-Heimen die Aufnahme. Sozialarbeiter ĂŒberprĂŒfen die Lebenssituation dieser Kinder und wĂ€hlen dann mit dem Leiter Xavier die bedĂŒrftigsten aus.

Die Aufnahme ist ein Geschenk fĂŒr die Kleinen, vor allem ein Segen fĂŒr die verzweifelten MĂŒtter. Mit den BeitrĂ€gen der Patenschaft werden Unterkunft, gute ErnĂ€hrung, medizinische Versorgung, Kleidung, Schulbildung und Berufsausbildung ermöglicht. BĂŒcher, Matratzen, notwendige elektrische GerĂ€te werden angeschafft.

Die Kinder sind motiviert, lernen sehr gerne und fleißig Englisch. Sie ĂŒben Bengali, damit ihre Muttersprache nicht verloren geht. Die Noten können sich sehen lassen. Teilweise werden die PrĂŒfungen der grĂ¶ĂŸeren Kinder an öffentlichen Schulen abgehalten. Das Niveau der Kinder ist beeindruckend. Bildung zĂ€hlt, Bildung ist die einzige Chance, spĂ€ter einen guten Beruf zu finden. Die Kinder, die bereits zu Jugendlichen heranwuchsen, unterstĂŒtzen ihre Familien bereits mit kleinen Jobs innerhalb des ZUKI-Village.

Mir ist bewußt, wir können nicht allen Notleidenden helfen, egal ob hier in Österreich oder in Indien. Wenn ich persönlich fĂŒr einen einzelnen „kleinen“ Menschen das Leben zum Positiven Ă€ndere, verĂ€ndere ich bereits die Welt. Fangen wir klein an, erkennen wir das kleine GlĂŒck in den Augen eines Kindes.

© Barbara Prinz 2020-01-15