von Heinrich
Kennt sich jemand mit Malerei aus? Ich ein bisschen. Und weil ich gerne, vor allem dort mitrede, wo ich auch zumindest einen Funken Ahnung habe, schreib ich jetzt darüber. Reden ist dann Story.two!
Eigentlich habe ich mich gar nicht ausgekannt, früher. Nichts Funke – nur Null komma Josef! Da bin ich einfach davon ausgegangen, dass alles was fotorealistisch gemalt wurde, Kunst sein muss! „Der kann wenigstens was!“ Weil dieses Gekleckse an den Wänden – die „Schmierage“ wie wir so sagen – und diverse Schüttbilder konnten beim besten Willen keine sein. Und auch das, was man von anderen Ahnungslosen immer so hört, hätte ich früher unterschrieben. Aber nicht mehr, nachdem mich der Funke Ahnung angesprungen ist!
„Das kann ja jedes Kleinkind!“ „Mein Neffe hat das gestern auch gemalt – mit einem Löffel und dem Spinatglas!“ „Ein Punkt, ein Stern und drei Striche? Das ist alles? Gib mir einen Blei, das habe ich in 5 Minuten!“ Nein, hast du nicht. So kann zum Beispiel ein Miró-Gemälde, mit einem Wert im hohen fünfstelligen Bereich, auf uns wirken.
Um ehrlich zu sein, hab ich das auch gedacht. Aber selbst wenn man sich die Zeit nimmt, sich hinsetzt und drauflos zeichnet, es wird nichts. Malt der Rudi aus Fünfhaus einen Miró nach, sieht das Ergebnis aus, wie ein echter Rudi aus Fünfhaus! Kein Miró und nicht Dalí. Und auch wenn man glaubt, dass es sich der Ferdi aus Stinatz auf einem Gerüst gemütlich machen könnte, um die Fresken von Michelangelo auf die Decke der Sixtinischen Kapelle zu zaubern – nein, der Ferdi zaubert nicht, sondern schmiert Farbe an die Decke.
Genauso kann nicht jede Zenzi ein Pollock und nicht jeder Peter-Paul ein Rubens sein. Mein geschätzter Lieblingskünstler Gerhard malt Bilder, die ich liebe und welche, die ich nicht verstehen kann. Es geht immer ums Verstehen. Für mich. Denn die Kunst ist doch, sich so zu erklären, dass es niemand versteht. Ob bildlich oder sprachlich ist egal.
Advokaten sind Künstler. Ärzte auch. Lehrer können Künstler sein, wenn sie es schaffen, viel zu reden und wenig zu sagen. Vor allem nichts, das ihre Schüler verstehen könnten. Partner können auch Künstler sein, weil aus ihnen Informationen sprudeln, die so gesagt werden, aber ganz anders gemeint sind. Ich habe jedenfalls – nach dem Funkenflug – alle Poster, alle Drucke ohne Signatur, alles was für mich auf einmal so „unecht“ war, von den Wänden genommen. Und wenn ich mich jetzt umsehe, passt vielleicht nicht alles dorthin, wo es hängt, aber die Bilder leben. Sie strahlen etwas aus, das mich mit Freude erfüllt.
Die Zeichnung unserer Kinder aus Frankreich. Von einem ukrainischen Straßenkünstler aus Griechenland angefertigt, von uns behutsam in eine Rolle gesteckt, wie ein rohes Ei getragen und dennoch geknickt, gerahmt und am achten Tage aufgehängt, neben dem Kolosseum. Klingt biblisch, ist göttlich!
Eine Freude, sage ich euch. Und lasst euch nie entmutigen, künstlerisch tätig zu werden. Ich wünsche mir nur weniger Kunst in Gesetzen und Paragraphen.
© Heinrich 2020-05-29