Gesagt, getan – ich habe den jungen Mann, von dessen Idee ich so fasziniert bin, getroffen. Nicht nur, dass ich es wirklich durchgezogen habe, mein Vorhaben umzusetzen. Ich habe auch das Gefühl, dass dieser Zusammenkunft der Zauber einer ganz besonderen Verbindung innewohnt. Im warmen Licht der Nachmittagssonne stand er pünktlich am vereinbarten Treffpunkt – wesentlich jünger als erwartet, mit Kopfhörern auf den Ohren, den Blick leicht verträumt in die Ferne gerichtet. Mit seiner Körpergröße überragt er mich um Köpfe und seine massive Statur lassen ihn auf Anhieb wie ein Fels in der Brandung erscheinen. Nach einer Social Distancing-konformen Begrüßung sind wir zu unserem Spaziergang aufgebrochen und ich konnte es kaum erwarten, alles über ihn und seine Initiative, Menschen auf selbstlose Art und Weise seine Hilfe anzubieten, zu erfahren.
Meine anfängliche Skepsis hat sich im ersten Augenblick unseres Treffens in die frühlingsfrische Luft aufgelöst. Geduldig hat er mir all meine neugierigen Fragen beantwortet und es scheint tatsächlich so zu sein, dass seine Absichten absolut nobel und ohne jeglichen finanziell motivierten Hintergedanken sind. Er hat keinerlei Anspruch, sich daran zu bereichern – ganz im Gegenteil. Er möchte das Miteinander fördern, seine Zeit und seine Begabungen anderen zur Verfügung stellen und ein neues WIR-Gefüge erschaffen. Sein sonniges Wesen und seine Sanftmut verpackt in einem kleiderschrankähnlichen Äußeren lassen mich nicht eine Minute daran zweifeln. Während wir durch den städtischen Park schlenderten, erfuhr ich allerlei Spannendes über ihn und seine ganz persönliche Geschichte. Dualismus und Achtsamkeit scheinen darin eine übergeordnete Rolle zu spielen. So hat er nicht nur Wurzeln auf zwei Kontinenten, er findet Ausgleich in einer westlichen wie einer fernöstlichen Kampfsportart und er verdient seine Brötchen in zwei absolut konträr gelagerten Jobs. Morgens meditiert er, abends repariert er – immer mit der Intension, Gutes in die Welt zu bringen.
Selten zuvor habe ich einen Menschen wie ihn getroffen. Den Fokus auf sein Ziel gerichtet, das Herz am rechten Fleck und die Zuversicht auf eine Gesellschaft, in der ein wertschätzendes, uneigennütziges Miteinander oberste Prämisse ist. Die Vorstellung, dass wir es wirklich schaffen, zusammenzustehen, lässt in mir die Hoffnung aufkeimen, dass es sie tatsächlich gibt: Seelen der neuen Energie, deren Ansporn und Taten das „alte“ System aushebeln. Jene Idealisten, die Werte wie Mitmenschlichkeit, Güte und Friedfertigkeit mit echtem Leben füllen und sie in die Welt bringen. Ich nehme diese Begegnung zum Anlass, die Idee der Uneigennützigkeit vermehrt in meinen Alltag zu integrieren und jedem ein Licht zu sein, der gerade irgendwo in seinem Dasein von Dunkelheit umgeben ist. Denn „was wir heute tun, entscheidet darüber, wie die Welt morgen aussieht“ (Marie von Ebner-Eschenbach).
© Elisabetta_Ardore 2021-02-21