Das Lied von Kalevala

Heinz-Dieter Brandt

von Heinz-Dieter Brandt

Story

Das Kalevala entstand in einer “fantastischen” Urzeit und handelt von der Macht über die Natur, die nur der erlangt, der die richtigen Verse kennt. Kalevala (das „Land des Kaleva“ – Vater des Ursängers und Helden Väinämöinen) ist das finnische Nationalepos, besteht aus 22.795 Versen in 50 Gesängen und ist die ins Epische eingeflossene altfinnische Liedwelt.

Die Helden des Epos sind weder stark noch schön, aber unbesiegbar, weil sie sich durch Wissen auszeichnen. Sie verzichten auf Gewalt, töten ihre Gegner nicht, sondern singen sie in den Schlaf. Der besondere Reiz des Epos liegt in der tiefen Verbindung von Mensch, Natur und Magie.

Nach 700-jähriger Schwangerschaft, in der sie Länder und Inseln erschaffen hat, steigt Ilmatar, die Tochter der Lüfte, ins Meer, um dort ihren Sohn Väinämöinen zu gebären, der nun mit dem Gott Ukko das Land urbar macht. Der junge Sänger Joukahainen fordert Väinämöinens Wissen heraus, wird von seinem Gesang begraben und befreit sich, indem er Väinämöinen seine Schwester Aino zur Frau verspricht. Diese weigert sich, und Väinämöinen geht weiter auf Brautschau. Nach vielen Abenteuern soll er die Tochter der Nordlandherrin Louhi zur Frau bekommen, wenn er für Louhi eine Sampo (Zaubermühle) schmiedet, die dem Land Wohlstand bringen soll. Damit beauftragt er den Schmied Ilmarinen.

Väinämöinen, Ilmarinen und der “Frauenheld” Lemminkäinen bestehen im Kalevala mystische Abenteuer. Als Lemminkäinen die hübsche Kyllikki heiraten will und diese ihn zurückweist, entführt er sie. Spätere gegenseitige Versprechen – er soll nicht mehr in den Krieg ziehen, sie nicht mehr zum Vergnügen ins Dorf – werden nicht eingehalten. Lemminkäinen muss erneut im Nordland auf Brautsuche gehen. So werben alle mit wechselndem Erfolg um die Töchter der Nordlandherrin.

Viele Abenteuer – der Diebstahl des magischen Sampo, die Entführung von Sonne und Mond, Bruderzwiste – werden mit magischen Ereignissen verwoben, bis hin zur Jungfrau Marjatta, die von einer besonderen Beere schwanger wird. Nach der Geburt will Väinämöinen ihr Kind töten. Das Kind überlebt jedoch und wird zum König von Karelien ausgerufen. Väinämöinen verlässt das Land und will erst zurückkehren, wenn er wieder gebraucht wird.

Bezüge zum Christentum werden hier deutlich.

Das Kalevala beruht auf Tausenden von jahrhundertealten finnischen Liedern. Elias Lönnrot bereiste 1828 Karelien, um dieses alte Liedgut zu erforschen. Er ahnte er nicht, welche Wirkung seine Arbeit haben würde. Auf elf Reisen ließ er sich Lieder über die mystische Welt Kareliens vorsingen. 1849 veröffentlichte er das Werk und traf die Herzen der Finnen. Zwischen 1890 und 1910 führte die Beschäftigung mit dem Kalevala zur Entwicklung des finnischen Nationalbewusstseins („Karelianismus“).

Tolkien und Sibelius ließen sich davon inspirieren.

Noch heute ist der Einfluss des Epos im finnischen Alltag spürbar – von Redewendungen bis zum Kalevala-Tag am 28. Februar.

© Heinz-Dieter Brandt 2022-09-15

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