Das Mittagessen

Susanne Rohrer

von Susanne Rohrer

Story

Persönliche Aufzeichnung der Erkundungseinheit 7739 zum Zweck der spÀteren Selbstreflexion.

Tag 215 der Beobachtung

Entgegen des sanktionierten Verhaltens habe ich mich dazu entschlossen zusĂ€tzliche Einsichten in das menschliche Verhalten zu gewinnen, immerhin ist meine tatsĂ€chliche DomĂ€ne nicht so eng gefasst wie Ra’She sie sieht! So ist die Entdeckung und AufklĂ€rung sozialer Muster und deren Auswirkungen mehr als nur der Fokus meines wissenschaftlichen Interesses! Ich habe, wie Tony sagt, “ein GespĂŒr” fĂŒr solcherlei ZusammenhĂ€nge und es wĂ€re eine Schande, wĂŒrde ich diese Gabe nicht nutzen!

So habe ich mich darauf eingelassen Tonys Einladung mit ihm vor dem ersten Film dieses Nachmittags eine Mahlzeit einzunehmen, auch wenn die Erforschung der Aufnahme prozessierter NÀhrstoffe wie es die Menschen tun in das Gebiet anderer Beobachtungseinheiten fÀllt.

Zwar hatte ich diese Entscheidung schon am vergangenen Tag getroffen, aber es wÀre möglich, dass er meine Zustimmung als spontan interpretiert hat, was ihn nur noch mehr zu freuen schien.

Wie sich zeigte, sieht Tony tatsĂ€chlich einen potenziellen Paarungspartner, oder sollte ich sagen, eine Partnerin, in mir, denn wie ich inzwischen herausfand war es wohl meine Ehrlichkeit was meinen Namen angeht, die die Wahrnehmung eines Weibchens scheinbar bestĂ€tigt hat, gibt es bei den Menschen den Namen “Kayla”, der ausschließlich bei Mitgliedern der weiblichen Subspezies Anwendung findet. Zwar unterscheidet sich seine Bedeutung wesentlich von der meines Namens, aber der Moment Tony ĂŒber diesen Irrtum aufzuklĂ€ren liegt wohl lange hinter uns.

Ich schĂ€tze, fĂŒr die nĂ€chste Zeit unseres Kontakts ist es die beste Option ihn in seiner Wahrnehmung zu belassen und so die zwischenmenschlichen Aspekte der Begegnung von MĂ€nnchen und Weibchen auf Basis gemeinsamer Interessen und körperlicher Anziehung weiter zu erforschen. Wichtig scheint es wohl immer wieder gegenseitig zu betonen wie sehr man den anderen schĂ€tzt und dass der Tag ohne den anderen nicht derselbe wĂ€re, was nicht einer gewissen Logik entbehrt! ZusĂ€tzlich scheint es ĂŒblich fĂŒr das Weibchen zu sein bei einer solchen sozialen Gelegenheit nach dem Ablauf der gegenwĂ€rtig zusammen verbrachten Zeit mit einem Unterton der Unsicherheit zu fragen, ob es sich um “ein Date” handelte – was eigentlich offensichtlich ist, legt man dieser Frage die zu erwartenden Parameter zugrunde! – worauf dann das MĂ€nnchen mit nur vorgetĂ€uschtem Ernst antworten kann, dass dies keinesfalls “ein Date” gewesen sei und das GegenĂŒber es bemerkt hĂ€tte, hĂ€tte es sich um ein “Date” gehandelt.

© Susanne Rohrer 2021-06-06

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