Das Monster in uns

Scipio

von Scipio

Story

Es knallte, als Hito die Tür hinter sich zuzog. Er warf Yui mit Schwung nach vorn, wobei sie stolperte und zu Boden fiel. „Was soll das?“, fauchte Hito, als seine Frau sich mit gläsernen Augen zu ihm drehte. „Ich gebe dir Schutz, Geld und ein Zuhause. Womit habe ich dein Verhalten verdient?“.

„Du MEIN Verhalten? Weißt du überhaupt, was du da redest?“.

„Du blamierst mich vor einem Gast von Fürst Shiro. Was ist passiert? Gefällt er dir besser? Sind es seine Gruselgeschichten? Seine Größe? Was ist es, Yui?“. Hito beobachtete, wie seine Frau in Tränen ausbrach und ihre Schminke in einer rasanten Geschwindigkeit verwischte. An ihrer Lippe war wieder die alte Platzwunde von vor einigen Monaten zu sehen. Auch der Bluterguss am Kinn war wieder wie neu. „Ach und jetzt soll er auch noch sehen, was für ein armes kleines Mädchen du bist?“. Hito ging auf Yui zu und hob sie mit einem Mal hoch. Als sie ihm weinerlich in die Augen sah, schlug er mit der flachen Hand gegen ihre Wange. Anders hörte sie eben nicht. Sie war dumm, ungebildet und hatte noch zu viele dumme Gedanken einer Jugendlichen. Wenn ihre Eltern ihr schon keine Grenzen zeigten, dann musste Hito es eben tun. Er riss an dem Stoff ihres Gewandes und warf es zur Seite. „Jetzt schau dir an, wie oft du dich daneben benimmst. Sind dir die blauen Flecken nicht Lehre genug?“. Ihre Arme und der Brustbereich waren übersät mit gelben, grünen und bläulich-schwarzen Flecken. Hito wusste noch genau, welchen Fleck er ihr wann zugefügt hatte. „Du benimmst dich jetzt und hörst damit auf, meinen Namen zu entehren. Du bist ein Niemand ohne mich! Zieh dich an und überschminke dein Gesicht. Yokashi soll nicht in dein benutztes Gesicht gucken müssen wie ich“.

Ruhigen Ganges und mit einem Grinsen auf dem Gesicht kehrte Hito zurück zu seinem Gast. Yokashi hatte in all der Zeit sein Essen nicht angerührt. Ob er wohl etwas gehört hatte? Sicher war nur, dass plötzlich drei Becher auf dem Tisch standen, wo etwas Cremiges, leicht rötliches drin herumschwamm.

„Ich war so frei und habe uns dreien noch etwas von meinem Wein eingegossen“, begrüßte Yokashi Hito und schraubte den Verschluss seiner Trinkflasche wieder zu.

„Wie aufmerksam“, antwortete Hito und setzte sich schweigend wieder auf seinen Platz.

Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis auch Yui sich wieder blicken ließ. Sie hatte ein schneeweißes Gewand angezogen, welches mit rosa Blüten verziert war. Ihre Haut im Gesicht war hell geschminkt, wie es die feinen Damen im Fürstenhaus taten. Und auch ihre Lippen leuchteten in einem dunklen rot, welches durch ihr breites Lächeln betont wurde.

© Scipio 2022-11-09

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