Das neue Notizbuch

Lena Haider

von Lena Haider

Story

Ich habe einen Notizbuch-Wahn. Es ist mir beinahe unmöglich, eine Papier- oder Buchhandlung ohne ein neues Notizbuch zu verlassen. Bis sich schließlich eine ganze Lade meines Schreibtisches voll unbeschriebener, nagelneuer Bücher und Heftchen füllte. Alle viel zu schön, zu edel, zu teuer oder einfach zu besonders um sie auch zu benutzen, zu beschmutzen. Ich schrieb doch eigentlich immer bloß auf billigen Collegeblöcken, beliebigen „Schmierzetteln“ oder der Rückseite von einseitig bedruckten Blättern Kopierpapier.

Am liebsten schreibe ich mit Füllfeder, ich habe abwechselnd drei in Verwendung – mit blauer, schwarzer oder violetter Tinte, mitteldicker oder dünner Feder. Ich mag auch das sanfte Kratzen von Bleistift auf Papier oder das schmierige Ziehen eines Gel-Rollers. Wie viele Schreibende habe ich großen Respekt vor weißen Seiten.

Eines schönen aber ansonsten unscheinbaren Tages wagte ich es! Ich holte den roten Moleskine (ein Klassiker im Übrigen) aus der Lade und beschrieb die erste Seite:

Ich habe dieses Notizbuch in den vergangenen Jahren nicht angerührt. Weil ich es immer aufsparen wollte. Für wichtiges. Weil es viel zu schade ist für vermeintlich nichtiges. Ein leeres Notizbuch ist ein wie ein Versprechen. Ein Versprechen, dass immer noch alles möglich ist. Dass alle Gedanken, Ideen, Wünsche, Sorgen immer und jederzeit kommen dürfen und Platz haben.

Das Papier ist toll, die Füllfeder gleitet sanft dahin, auch wenn die Federspitze etwas zu dick ist wie ich finde. Die Zeilen scheinen mir auch etwas eng aneinander zu liegen, aber so finden eben mehr Wörter Platz. Jetzt habe ich es also endlich gewagt, dieses Notizbuch „anzupatzen“.

Nun gibt es kein zurück mehr. Es soll eine Art Tagebuch sein, ein loses Sammelsurium an Gedanken, Ideen, Listen und Geschichten. Weil es auch irgendwie schön ist, später einmal Tagebuch zu lesen.

Da fing es also an. Und seitdem hält mich nichts mehr – ganz gleich wie schön, edel, teuer oder besonders das Notizbuch auch sein mag. Die leeren Seiten sind schließlich dazu da um beschrieben, bekritzelt, beschmiert zu werden.

© Lena Haider 2021-03-13

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