Auf meinem Dahingleiten durch diesen irdischen Daseinsausdruck begegnen mir immer wieder Menschen, bei denen ich das untrügliche Gefühl habe, sie schon ewig zu kennen. Nicht nur, dass sich Parallelen in den jeweiligen Schicksalswegen zeigen, es ist auch auf Anhieb das Gefühl der Vertrautheit da. Es braucht keine Masken, kein sich Anbiedern und ebenso wenig das Zurückhalten der eigenen innersten Überzeugungen. Sie entpuppen sich bereits im ersten Moment als Gefährten, lassen das wohlig warme Gefühl der Vertrautheit in mir aufkeimen und bereichern durch ihre bloße Präsenz mein Leben. Kleine, liebevolle Gesten voller Herzlichkeit und Aufrichtigkeit vollenden dieses wundervolle Geschenk.
Wie herrlich und unbeschwert sich das anfühlt, gelingt mir kaum in Worte zu fassen. Es ist das willkommene Kontrastprogramm zu Oberflächlichkeit und Berechnung, die mir sonst nur zu oft im Alltag begegnen. Ich schätze es, wenn jemand seine Meinung vertritt und gleichzeitig offen und bereit ist, eine – in der Möglichkeit – konträre Sichtweise zuzulassen. Das sich voll und ganz auf ein Gespräch Einlassen, mit ungekünsteltem Interesse und Aufmerksamkeit zuhören und authentisch zu kommunizieren, hat Seltenheitswert im 21. Jahrhundert. Umso mehr freut es mich, wenn sich diese Art der Begegnung in ihrer vollen Pracht offenbart. Manchmal drängt sich in mir die Frage auf, wann wir es eigentlich verlernt haben, so zu agieren. In einer Zeit voller digitaler Medien und permanenter Erreichbarkeit ist die Verbindung von Herz zu Herz, von Kopf zu Kopf und von Wort zu Wort irgendwie flöten gegangen. Wir tippen, texten und schicken Bilder um den halben Erdball, nehmen Videobotschaften auf, telefonieren via Skype, aber wenn wir uns dann ohne Endgerät als Puffer begegnen, versiegt der Fluss des Austauschs oftmals nur zu rasch. Für mich ein guter Kompass für die Qualität einer Beziehung – ganz gleichgültig welcher Art sie ist. Ob im Business oder im Privaten, ob Liebesbeziehung oder Freundschaft, ob Amtsweg oder Arztbesuch: mir sind schon überall bekannte Seelen begegnet und ich gerate dabei stets innerlich in Ekstase, dass ich sie wiedergefunden haben. Manchmal nur kurz und flüchtig, manchmal für ein ganzes Leben. Ich empfinde es als Segen, all jene „aufzuspüren“, mit denen ich auf einer anderen Ebene vereinbart habe, ein paar Schritte des Weges gemeinsam zu gehen. Und was wären wir ohne sie? Nicht mehr als ein dahingleitendes Blatt im Wind, das unbeschrieben bleibt. Es erfüllt mein Herz mit Freude und Dankbarkeit, wenn jemand ein paar Worte in das Poesiealbum meiner inneren Welt schreibt. Für wahre Empathie und die Bereitschaft zur echten Nähe gibt es nämlich noch zahlreiche leere Seiten und ich kann es kaum erwarten, dass sie kunstvoll und voller Kreativität gestaltet werden. Liebe Seelen da draußen, zückt eure Buntstifte, Federn und Stickeralben – es ist Zeit für ein bisschen mehr Farbe und Glitzer in den Jahrbüchern des Lebens.
© Elisabetta_Ardore 2020-12-11