von Michael Schaake
„Oh Gott, Herr Schaake, Sie werden ja blind!“ 2007, ich habe schon seit 15 Jahren den Grünen Star, überhöhter Augeninnendruck, der mit täglichem Tropfen niedrig gehalten wurde, bis heute: Routinetermin bei der Augenärztin, zuerst machen wir die Gesichtsfeldmessung und ich merke gleich, mit dem linken Auge stimmt was nicht. Ich betrete das Sprechzimmer von Frau Dr. Kripp, bei der ich seit Jahren Patient bin, dann dieser Satz! Danach Augendruck messen, auf beiden Augen ca. 50 mmHg, normal ist bis 20. Ich werde sofort in die Augenklinik überwiesen.
Was war zwischen zwei Routineterminen passiert? Man empfindet keine Schmerzen, entdeckt wird das Malheur erst, wenn es zu spät ist. Ich hatte beim Motorradfahren gemerkt, dass ich nicht mehr gut nach links gucken kann, hatte das auf die Bandscheiben geschoben, weil ich gleichzeitig Probleme hatte, den Rücken nach links zu drehen, fatale Fehleinschätzung!
Ich fuhr täglich in die Klinik, ambulante Behandlung, ständig wechselnde Augentropfen, um zu checken, was hilft: „Herr Schaake, Sie dürfen nicht mehr Auto fahren!“ Dann stationär, nach einer Woche die erste OP links, die Ärzte: „Wir machen erst das linke Auge, das ist sowieso schon fast hin, wenn das gut geht, das rechte …“ Zuversicht hört sich anders an. Nach den OPs hatte ich Augendruck nahe null, tagsüber trug ich eine Schutzbrille, durch die ich auch nicht besser sehen konnte, nachts Augenklappen, damit ich ja nicht die Augen berühre, ich könnte sie zerdrücken. Dazu holte ich mir in der Klinik (oder vorher, noch draußen) eine Infektion, zusätzliche Gefährdung und schmerzhafter als die OPs, aber erst mal zwei Besucher angesteckt. Zwei Wochen Abstand halten, Desinfizieren, keine Hautkontakte, wie Quarantäne.
Ich hatte viel Zeit zum Nachdenken. Ich lebe allein, mag meine schöne Wohnung in Bonn-Holzlar, 2. Etage, mit Aufzug und vom Balkon Ausblick ins Grüne. 150 m um die Ecke ein Supermarkt, ohne die Straße zu überqueren. Ich checkte alles gedanklich ab und kam zu dem ermutigenden Ergebnis, das kann ich auch blind. Ich stellte mich ein auf Telefonieren, Hörbücher, Musik machen und hören, ohne Blick ins Grüne. Vorweg: „Et hätt noch immer jot jejange“, sagt der Rheinländer, 1 1/2 Augen konnten gerettet werden, ein großer Dank an Ärzte und Personal! Ich war drei Wochen in der Klinik und sechs Wochen krankgeschrieben. Als ich wieder zu Hause war, nahm ich die Arbeit im Homeoffice auf, viel telefonieren und wenn doch schreiben, dann die eingegangenen E-Mails auf Arial 28 vergrößern, beantworten und in Arial 12 zurückschicken. Es dauerte, aber es wurde besser. Motorrad verkauft, ich konnte zum Glück bald wieder Auto fahren, normal leben und arbeiten, life must go on! So, Schluss mit dem Schreiben, gleich muss ich wieder tropfen …
© Michael Schaake 2020-09-10