von Kerstin Brandl
Ein sonniger Tag der mir unerwartete Folgen bescheren wird. Ich gehe nachmittags den Flur entlang, bis ich vor der hellbraunen Tür stehe. Als ich sie öffne, frage ich mich: „Wann war ich zuletzt im Laufe des Tages hier? Ich verbringe ne Menge Zeit – würd‘ sagen fast die Hälfte meines Lebens – im Bett, nur bekomme ich nichts davon mit. Abends ist es dunkel, wenn ich mich hinlege, morgens mache ich das Bett und gehe ins Ankleidezimmer sowie ins Bad.“
Ich habe das Bedürfnis mir Zeit zu nehmen. Zeit für mich – Zeit für mein wundervolles Schlafzimmer. Helle Bezüge leuchten in den Sonnenstrahlen und ein paar Staubpartikel fliegen vorm Fenster umher. Langsam lasse ich mich aufs Bett fallen und meinen Blick durchs Zimmer schweifen. Alles sauber, alles ordentlich und doch macht sich eine Unruhe in mir breit. Auf den weichen Kissen lasse ich mich einen kurzen Moment fallen, bis ich in die Traumwelt entgleite.
Rechts der Wald, links eine Wiese, laufe ich. Ich laufe so schnell ich nur kann und höre die Vögel zwitschern. Wie ein Marathongewinner fühle ich mich und wieder einmal denke ich daran, mich für September anzumelden. Sport ist nicht nur für den Körper gut, er erhält die Gesundheit der Seele. Meine Psyche braucht den Ausgleich – und an „nichts“ zu denken, als an den nächsten Schritt und das in Windeseile. Wie wäre es, den Traum zu verwirklichen? Meine Gedanken gehen überall hin und ich fühle mich gleich der Auszeit im Urlaub. Ansonsten immer am Strand oder in einer Hängematte zwischen zwei Bäumen gespannt. Ich liege da und meine Gedanken gehen. Gehen tun auch meine Füße, Schritt für Schritt; mein Atem wird lauter, sodass die Naturgeräusche in den Hintergrund rücken. Meine Schritte werden mehr und mehr, meine Laufstrecke macht eine Kurve und ich biege in den Wald. Dort auf der Lichtung steht ein Picknick bereit. Dort liegt neben Obstsalat aus Wassermelone und Orangen, ein Apfel, Pancakes und Wasser mit Zitrone in einem Krug. „Perfekt!“ Ich lasse mich fallen und greife zu. Eine ständige Fragerei ist in meinen Kopf „Kommst du mit? Machst du mit?“ – Deutlich antworte ich „Ja, aber natürlich, na klar“. So selbstverständlich wie das Atmen ist diese Antwort: „Ich bin trainiert, du gehst mit, wir machen den Marathon. Wäre ja gelacht, keine 42 km zu schaffen!“ Schnell widme ich mich wieder dem ausgebreiteten Obst bevor ich in den strahlend blauen Himmel blicke. Er wirft Sonnenstrahlen neben mich und ich sehe das Funkeln eines feinen Staubes. Feiner Staub, den ich kürzlich genauso gesehen hatte – in meinem Schlafzimmer. Erschrocken richte ich mich auf. Etwas benebelt stehe ich auf und gehe zurück in den Wohnraum. Als ich wie gewohnt auf mein Handy blicke, sehe ich in der Benachrichtigungs-App ein Riesen-Smiley gefolgt von jeder Menge roter Herzen. „Was ist hier los?“ Die E-Mail im Posteingang fühlt sich an, wie im falschen Film. Eine Bestätigung der Anmeldung, weitergeleitet von Lisa, meiner besten Freundin. Irritiert schaue ich darauf und drücke kurzerhand das Symbol, um sie anzurufen. „Hey, du hast mir eine E-Mail geschickt, für den Marathon?“ – „Super, dass du mitmachst, hab nichts anderes erwartet, obwohl ich schon etwas Bedenken hatte…“ – „Ich hab geschlafen!“ – Und so werden wohl Träume war.
© Kerstin Brandl 2025-03-14