von Hermann Karosser
„I hätt’ gern a Wiener Schnitzl!“, ruft mein Sohn der flotten Bedienung im Ampfinger Hof zu. Obwohl es heute eigentlich einen besonderen Anlass gäbe, ihm das teurere Kalbsschnitzel zuzugestehen und nicht das ‚billigere‘ vom Schwein schicke ich hinterher: „A Schnitzl ‚Wiener Art‘ duat’s a“.
Heute hätte ich tatsächlich wirklich keinen Grund, ‚knickert‘ zu sein, wo doch mein Sohn und ich vor Publikum gemeinsam etwas zum Besten geben. Bei Rotary trifft man sich jede Woche, nicht nur zum Essen und diskutieren, sondern es gibt immer auch einen Vortrag anzuhören, gehalten entweder von einem eingeladenen Gast oder von einem Clubmitglied.
Mein Sohn war in der Zeit in Basketball vernarrt, vornehmlich in den der USA. Es war die Ära von Spielern wie Michael Jordan, jenem legendären Basketballer, der mit seinem Verein, den ‚Chicago Bulls‘, die Nordamerikanische NBA beherrschte oder auch Kobe Bryant von den ‚LA Lakers‘.
Er hatte alles gesammelt, was einen wahren NBA-Fan ausmacht: Original-Dressen, Fotos, Videos, Computerspiele. Aber er wusste auch alles über das Spiel und seine nicht ganz unkomplizierten Regeln und über die aktuellen Spiele und Tabellen. Natürlich hing draußen an der Garagenwand auch ein Basketballkorb, nicht immer zur Freude der Nachbarschaft, denn der harte Basketball konnte beim stundenlangen Dribbeln auf dem Betonpflaster ganz schön nerven.
Schnell hatten sich auch ein paar Gleichgesinnte gefunden, mit denen er sich zu Challenges in München und wer weiß noch wo anmeldete. Für den Fahrdienst waren ja wir Eltern da. In dieser Zeit haben wir auch unsere drei Amerikareisen mit den Kindern gemacht. In mancher Stadt, in der wir ankamen, suchten wir das Basketballstadion, als ob es die größte Sehenswürdigkeit dort wäre und die NBA-Shops in den Metropolen waren gesetzte Ziele unserer Städtetouren.
Heute nun war der große Tag, an dem mein Basketball-Sohn mit meiner Unterstützung sein ganzes Wissen und seine Begeisterung an die Mitglieder meines Clubs weitergab.
Nach dem Verzehr des Schnitzels ‚Wiener Art‘ vermittelten wir mit PowerPoint, FlipChart und Videos zwei Dutzend Zuhörern das ABC des Basketballs. Vereine, Conferences und Regelkunde waren genauso Thema wie die Stars Jordan, Rodman, Bryant und auch der Deutsche Detlef Schrempf. Beeindruckt hörten alle aufmerksam zu und löcherten uns am Ende noch mit Fragen, die mein Junior, bestens vorbereitet mit Bravour und tiefgehenden Kenntnissen ausführlich zu beantworten wusste.
Als wir dann begonnen hatten Computer, Beamer und das ganze Equipment, das wir bei dem Vortrag benutzt hatten, aufzuräumen und einzupacken, trat der Clubpräsident an meinen Sohn heran und sagte zu ihm: „Des hast guat gmacht, Bua. Woast was, dafür bist heit einglodn von mir. Wos hast’n g’hapt? A Wiener Schnitzl, gey?“ – „Naa“, sagte mein Sohn, „do is da Bapa vui z’knickert. Der hod ma bloss a Schnitzl ‚Wiener Art‘ zuagstandn, weis net so deia is!“
© Hermann Karosser 2020-08-06