Das Schuhband, Teil 4/4

▶ Sehr geehrter Herr «Ich bin zu doof zum Schuhe zubinden» Ritter, vielen Dank für Ihre Nachricht (wegen so einem Scheiß schreiben Sie uns?). Es tut uns leid (es ist uns herzlich egal), dass Sie nach dem letzten Besuch einer unserer Filialen unzufrieden sind. Selbstverständlich werden wir Ihre Beschwerde und Ihre Anregungen an die entsprechenden Stellen weitergeben (Rundablage, Papiershredder, digitales Nirvana). Wir danken Ihnen, dass Sie sich die Zeit genommen haben, uns zu schreiben, (wir würden uns wünschen, Sie hätten uns nie kontaktiert) welche Vorgangsweise in der Filiale bei Ihnen einen besseren Eindruck hinterlassen hätte (wir werden sicher nichts an unserer bisherigen Vorgangsweise ändern). Wir wünschen Ihnen einen angenehmen Tag! (Wir verachten Sie!)

«Die Verkäuferin aus dem Laden, arbeitet offensichtlich auch im Kundenservice» dachte ich, denn es fühlte sich an, als ob dieses Antwortmail aus ihrer Feder stammte. Mit «Irgendwie kann das nicht sein» meldete sich meine Vernunft zu Wort, doch der letzte Zweifel wurde beseitigt, als ich beim Lesen ganz deutlich ihre Stimme samt Kaugummikaugeräusche in meinem geistigen Ohr vernahm.
So sieht sie also aus: Eine Kriegserklärung. Ich wusste sofort, was zu tun war und klickte folgerichtig auf den Antworten-Pfeil. Es öffnete sich ein Fenster mit einem großen leeren weißen Bereich, doch dieser blieb nicht lange leer, da ich ihn mit folgendem Text bestückte und damit die zweite Runde einläutete: «Vielen Dank für Ihre Rückmeldung, auch wenn ich eine Standardrückmeldung verorte. Im Folgenden möchte ich auf Ihre Worte eingehen – ‹Es tut uns leid, dass Sie nach dem letzten Besuch einer unserer Filialen unzufrieden sind› – wenn es Ihnen wirklich leidtun würde, dann hätten Sie sich um Wiedergutmachung bemüht! So gebe ich Ihnen vollkommen recht, wenn Sie schreiben: ‹Es tut uns leid, dass Sie nach dem letzten Besuch einer unserer Filialen unzufrieden sind› Sie kennen vermutlich Konfuzius, der ziemlich passend formuliert hat: ‹Wer einen Fehler macht und ihn nicht korrigiert, begeht einen zweiten› Darüber hinaus frage ich mich, wer die namenlosen ‹entsprechenden Stellen› sind, an die Sie meine Anregungen weitergeben. Ich fände es auch schön, wenn sich die ‹entsprechenden Stellen› selbst zu meinen Schilderungen äußern. Hochachtungsvoll, Ein Kunde (der höchstwahrscheinlich bald Kunde in einem anderen Schuhladen sein wird – es liegt vollends in Ihren Händen)»

Diesmal ging es schnell mit der Reaktion, denn noch am gleichen Tag trudelte folgendes Schreiben in meinem Posteingang ein:

Sehr geehrter Herr Ritter,

wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass wir Ihnen einen 5-Euro-Gutschein zukommen lassen werden. Wir hoffen, das ist in Ihrem Sinne und bitten Sie, um Ihre Postanschrift.

Mit freundlichen Grüßen,
Kundenservice

Die Gerechtigkeit hat gesiegt! Das neue Jahr wird mein Jahr! ■