von Petra Dinhof
Mein Freund Josef kommt vom Land, er ist ein steirischer Bauernsohn. Ich mag das sehr, er ist so ein bodenständiger Mann, selbst leider kein Bauer mehr, er arbeitet in Graz als Manager.
Bei meinem ersten Besuch in der Steiermark lerne ich, dass sein Bauernhof einen Vulgonamen hat. Unglaublich für eine Städterin, die so etwas längst vergangenen Tagen zugeordnet hätte.
Außerdem lerne ich, dass Josef eigentlich der „Sepperl“ ist, ebenfalls unfassbar, ist er doch so ein weltmännischer Gesprächspartner! Wie soll ich mich ab heute mit ihm unterhalten? Ich kann doch nicht mit einem „Sepperl“ über Philosophie, Politik oder gar Alternativmedizin diskutieren! Andererseits muss Josef auch damit leben, dass mir manchmal, wenn ich besonders aufgeregt bin, der Wiener Gemeindebau, in dem ich meine ersten 11 Lebensjahre verbracht habe, quasi aus dem Mund springt.
Egal! Ich liebe die Geschichten vom Bauernhof und seinen Dialekt, vor allem, seit er sich nicht mehr bemüht, „schön“ zu sprechen und es ihm folglich egal ist, ob ihn irgendjemand versteht.
Das Beste am für mich so wunderbaren Landleben sind die Tiere am Hof. Schweine liebe ich besonders, kann sie aber leider nicht mehr essen, seit ich einem zu tief ins Auge geschaut habe. Die sind so lieb und so klug, stinken tun sie aber auch ein bisschen – also einfach nicht als Mahlzeit geeignet!
Die neueste Geschichte handelt von Schweinen. Josef alias „Sepperl“ erzählte mir, dass es früher, als seine Eltern Schweine züchteten, neben dem Hauptstall ganz in der Nähe einen weiteren Stall am „Dienstlhof“ gab, in dem ihre Mutterschweine lebten. Kurz vor dem Ferkeln wurden die trächtigen Sauen von Josefs Vater zu Fuß vom „Dienstlhof“ auf den Heimathof geholt, der etwa 150 Meter hügelabwärts lag.
Im Jahr 1981 wurde sein Vater Bürgermeister seiner 400 Einwohner –„Weltstadt“, wie Josef schmunzelnd erzählt, und hatte nicht mehr so viel Zeit für jedes einzelne Schwein, dachte also damals kaum mehr an die Sauen. Eines Tages stand Josefs Mutter in der Küche, schaute nichtsahnend aus dem Fenster und traute ihren Augen nicht, als sie sah, wie eine Sau, die offensichtlich schon im anderen Stall am „Dienstlhof“geworfen hatte, mit Ihren 12 Ferkeln auf der Straße den Hügel herunterkam. Im Gänsemarsch liefen sie zum Heimathof! Wie die Muttersau es von anderen Würfen kannte, wollte sie einfach nach Hause. Josefs Mutter lief hinaus, um das Schwein in den Stall zu treiben. Die süßen, kleinen Ferkeln liefen hinterdrein, bis auf eines- das war vor lauter Aufregung ins Wohnhaus gelaufen und hatte sich in der Schachtel mit dem Altpapier versteckt. Josefs jüngste Schwester fand es und wollte es gar nicht mehr hergeben, so herzig war es. Die Mutter fand es weniger herzig und brachte es kurzerhand zu den anderen in den Stall. So hatte alles wieder seine Ordnung.
Und wieder lerne ich etwas: Auch das Schwein ist ein Gewohnheitstier!
© Petra Dinhof 2020-01-03