Termin zum Trainingsplan. Der zweite mit meinem neuen Trainer.
„So, ich finde, wir können uns jetzt steigern. Ich hab dir ein paar coole Übungen dazugegeben. Bist du aufgewärmt? Dann starten wir.“, sagt er. Na, wenn er meint, wird es schon stimmen, denk ich mir und watschle ihm hinterher zum ersten Gerät.
Erst die Beine: Beinpresse mit mehr Gewicht, Ausfallschritte mit Kettlebells, … Dann für Oben: Kreuzheben, Trizeps. Dann Bauch: Situps auf der schrägen Liege, Kopf nach unten. Nach acht Wiederholungen frage ich: „Ähm, wie viel muss ich da machen?“. Antwort: „Ja, so 50 oder 60.“. Scherzkeks, denk ich mir, nicke aber eifrig, als wäre das eh kein Problem. So wie bei allen Übungen davor auch.
„So. Jetzt machen wir Klimmzüge.“, sagt er und spaziert voran. Fast hätt ich laut gelacht. Okay, der spinnt. Kann ich nicht. Trotzdem dackle ich ihm brav nach. „Negativ-Klimmzüge.“. Er zeigt mir die Übung vor und ich denk mir: „Nie im Leben schaff ich das!“. Dennoch versuche es, und bin überrascht: Ich schaff das ja doch!
Erfreut versuche ich es ein 2. Mal. Yeah! Ein 3. Mal – dieses Mal ist es schon schwierig. Beim vierten Mal fall ich runter. „Ähm, wie oft soll ich das machen?“, stell ich die Standardfrage. „Zwanzig Wiederholungen.“. Jetzt lache ich tatsächlich laut. Der Trainer lacht nicht. „Was denn? Das schaffst du locker. Mach mal. Vier hast du schon. Fehlen nur noch 16.“. Äh, ja? NUR noch 16? Aber, ich – stolzes Luder – lass mir nix anmerken und mach weiter. Er steht da, Hände in die Seiten gestemmt und kommentiert jede Wiederholung mit. „Nur noch 15. Bravo. Jetzt nur noch 14, das schaffst du noch.“. Ich hab gerade 6 Wiederholungen gemacht und kann nicht mehr. DER hat ja leicht reden, der Muskelprotz. Aber, der Stolz… Ich mach weiter. „Super, nur noch 10 ….“, kommentiert er weiter. Ich versuch ihn mit Blicken zu töten. Aber er bleibt ungerührt stehen und zählt weiter runter. Blöder Kerl.
In Gedanken fahre ich die volle Palette an Schimpfwörtern auf, muss aber trotzdem immer wieder blöd kichern, wie immer, wenn ich etwas anstrengend finde. Arme und Schultern schmerzen schon höllisch. Aber ich bin ein stolzes Luder. Also hüpf ich immer wieder rauf und lass mich langsam runter, wobei ich das letzte Drittel immer wie ein Sack runter plumpse. Bis wir bei 0 sind.
Die nächsten vier Tage wollte ich sterben. Schultern, Arme und oberer Rücken: ein einziger, riesiger Muskelkater. Ich konnte mich mit dem Rücken nirgends anlehnen, weil ich solche Schmerzen hatte. Liegen war die Hölle, jede Bewegung schmerzte unglaublich. Ich lief vier Tage mit angewinkelten Armen rum. Ich konnte sie nicht mehr ausstrecken und kam daher wie T-Rex. (Der Muskelkater heißt tatsächlich so) Und angeschwollen und hart waren sie auch. In diesen Tagen hab ich sehr viel an meinen Trainer gedacht. Nicht gerade im positiven Sinne. Und mich selbst hab ich am Meisten verflucht. So ein stolzes Luder! Das hab ich jetzt davon!
Foto: Unsplash, Dan Meyers
© Melly Schaffenrath 2020-06-30