Das Theaterabo

Hermann Karosser

von Hermann Karosser

Story

MĂŒnchen, was zieht einen immer wieder dorthin? Der ursprĂŒngliche Reiz der „Isarmetropole“ lag wohl darin, dass die Stadt den weiten Bogen, zwischen dem, was man als mondĂ€n bezeichnen wĂŒrde und der MentalitĂ€t ihres bairischen Umlands nicht in eine der beiden Richtungen ĂŒberspannt hat. Man fĂŒhlte sich wohl dort, auch als einfacher Mensch vom Land. Und darum wollte ich nur dort studieren.

Ich genoss es, in einer richtigen großen UniversitĂ€tsstadt nicht nur eine hervorragende Ausbildung zu erhalten, sondern auch ein Studentenleben zu fĂŒhren, das diesen Namen noch verdiente.

Als Renate nach 3 Jahren mir dorthin folgte, sogen wir die Großstadtluft in vollen ZĂŒgen in uns auf, lernten dieses MĂŒnchen kennen und lieben und ließen uns von der gewaltigen LebensqualitĂ€t verwöhnen.

Mit den VergĂŒnstigungen des Studentenwerks konnte man sich auch das eine oder andere VergnĂŒgen leisten, das sonst vielleicht der Monatsetat nicht hergegeben hĂ€tte. So bin ich auf die Theaterkarten zu gĂŒnstigsten Konditionen gestoßen, die, wenn’s nicht gerade StehplĂ€tze in der Oper waren, meistens Theatergenuss von guten PlĂ€tzen aus garantierten.

Wir bevorzugten Schauspiel, versuchten es mal mit den Kammerspielen und waren sofort Feuer und Flamme. „Lulu“ von Wedekind stand auf dem Spielplan, in einer der Hauptrollen Cornelia Froboess. Am Ende des Abends wussten wir, dass sie den weiten Sprung vom Schlagersternchen zur Charakterdarstellerin wunderbar gemeistert hatte. Oft konnten wir sie in noch vielen anderen Rollen erleben, vor Allem, weil wir uns nun ein Abo leisteten: MĂŒnchener Kammerspiele, Rang, zweite Reihe Mitte, tolle PlĂ€tze einmal im Monat.

Es waren 7 Jahre Kultur pur auf höchstem Niveau. So manche AuffĂŒhrung unvergesslich: Gisela Stein zum Beispiel in „Iphigenie auf Tauris“. Ein minimalistisches BĂŒhnenbild, die wenigen Schauspieler weiß gekleidet, da wurde von keinem Wort oder Vers unnötig abgelenkt. Noch heute sehe ich die Szenerie vor mir. – Nicht weniger einprĂ€gsam StĂŒcke mit Charakterköpfen wie Thomas Holtzmann in „Was ihr wollt“ oder Lambert Hamel in Shakespeares „Sommernachtstraum“. – Einmal gepackt vom „Bazillus Theater“ sind wir dann auch mal ins „Resi“, ins „GĂ€rtnerplatz“, Volkstheater oder sogar ins Werkraumtheater. MĂŒnchen hatte da damals einfach ein geniales Angebot.

1983 hieß es aber doch Abschied nehmen von diesem „FĂŒllhorn“ voller TraditionsgaststĂ€tten und BiergĂ€rten, Stadien und Arenen, Residenzen und Parks, Kinos und Theatern. Nicht, weil wir dessen ĂŒberdrĂŒssig geworden wĂ€ren, nein, unser weiterer Lebensplan passte nicht in diese Stadt. Kinder und Eigenheim mit Garten waren schon vor 40 Jahren fĂŒr Normalverdiener in MĂŒnchen nicht finanzierbar. Eine gewisse Rolle spielte aber auch die Erkenntnis, dass es Zeit wĂ€re fĂŒr VerĂ€nderungen. Ein nĂ€chster Lebensabschnitt mit neuen Grundlagen, Kontakten und Erlebnissen und außerdem, 
. es sind nur 80 Kilometer von MĂŒhldorf bis ins Herz von MĂŒnchen.

© Hermann Karosser 2021-02-21

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