Das Treffen

Sonja M. Winkler

von Sonja M. Winkler

Story
Salzburg 2023

Zwei Tische waren schon besetzt, als ich um 11.30 die für uns reservierte Gaststube des „Humboldt“ betrat. Händeschütteln reihum. Viele neue Gesichter und Namen, die mir zwar etwas sagten, aber wenn ich den Namen persönliche Details hätte zuordnen müssen, die mir durch das Lesen der Storys erinnerlich sein sollten, liebe Leute, ich wäre ganz schön ins Trudeln gekommen. Nur von einigen, denen ich seit drei Jahren folge, habe ich ein mehr oder weniger klar umrissenes Bild.

Humboldt. Alexander oder Wilhelm? Die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen, wahrscheinlich Alexander, denn das war der, der Forschungsreisen unternahm. Ob ich diese Information K., dem Amtsleiter, verdanke oder A., dem Versicherungsmathematiker, kann ich jetzt im Nachhinein nicht mit Sicherheit sagen. Alexander von Humboldt, so habe ich nachgelesen, soll in den späten 90er-Jahren des 18. Jahrhunderts seine Südamerika-Reise in Salzburg geplant haben, was den Aufenthalt von einem Jahr nach sich gezogen hatte. Mein Aufenthalt in Salzburg währte dank Nelis Gastfreundschaft zwei volle Tage, die mit so vielen Eindrücken und Erlebnissen angereichert waren, dass ich sie auch als Forschungsreise bezeichnen würde.

Der Organisator mit der rauen Stimme spielte Fremdenführer. Spielte ihn nicht, nein, war es mit Leib und Seele. Fütterte uns mit Wissenswertem und streute auch persönliche Schnurren ein, erzählte, wie er früher, als er keinen festen Wohnsitz hatte, ein Scherzel Brot, etwas Grammelschmalz und Sauerkraut in einer Beiwagenmaschin‘ versteckte, die er jede Nacht zu einer Liegestatt umbaute.

Er zeigte uns die Kollegienkirche, deren weißes Innenleben besticht. Schlicht durch Verzicht. Kein barocker Prunk und doch eines der Hauptwerke von Fischer von Erlach. Auch moderne Kunst wurde uns nicht vorenthalten. Vor dem Schiller-Denkmal stehen fünf metallene Gurken in Menschengröße, Werke von Erwin Wurm. Und bei der Stiftsbäckerei St. Peter dreht sich das Mühlrad bereits seit 700 Jahren.

Für mich war‘s eine Forschungsreise, auch in sprachlicher Hinsicht. Der Amtsleiter überraschte mich mit zwe, zwo und zwoa, was so gut wie Mittelhochdeutsch ist. Dann stellte er die entscheidende Frage: Woaßt, wos a Schnoatbraxn is? Er wusste es. Ich musste nachforschen. Schnoatn, verwandt mit schneiden, bezeichnet das Stutzen von Ästen. Und eine Praxe ist ein Haumesser, mit dem man das macht.

Mit dem Besuch des legendären Augustinerbräustübls ging unser Treffen zu Ende. Die Gruppe der 26 Storyaner:innen war zu diesem Zeitpunkt bereits beträchtlich geschmolzen.

Für Neli und mich war der Abend noch lang nicht zu Ende. Ich lernte noch ihren Mann kennen, einen sympathischen Ausnahmesportler, und dann legten wir los und spielten, bis es dunkel wurde. Tridomino, Skyjo und Tutto.

Sonntag war ein Badetag. Mit Micaela als Dritte im Bunde ging‘s nach Zell am Moos. Am Irrsee wurde wie irre weitergespielt. Gewürfelt, gelacht, gewonnen, verloren. Aber nicht das Gleichgewicht beim Stand-Up-Paddling. Mein erstes Mal. Tutto apposto.


© Sonja M. Winkler 2023-07-12

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Reise, Biografien
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