Das Treffen ~ I. Willst du was trinken?

Ich war noch am Schreiben und wollte gerade meinen Stuhl umrücken, weil mir die Sonne direkt ins Gesicht schien, da stand er auf einmal vor mir. Groß und unglaublich gut aussehend.

Zum Glück war seine Frisur nicht perfekt, so wurde der ansonsten makellose Schein gebrochen.

Er wirkte leicht hektisch und wie unter Strom stehend, stieg über meinen Koffer und kam auf meine Seite des Tisches.

In dem Moment wusste ich noch nicht, was er vorhat. Aber für einen Handschlag wäre er wohl nicht extra über den Koffer geklettert.

Als er bei mir war, stand ich auf und sah zu ihm hoch. Dann hat er mich umarmt. Nicht lange, aber doch umarmt. Was gut war, denn das Hallo aus zwei Metern Entfernung bei unserer letzten Begegnung hatte sich schrecklich angefühlt.

„Willst du noch was trinken?“

Ich sagte: „Ja“, konnte mich aber nicht gleich entscheiden.

„Ah, eins deiner drei Probleme.“

Sehr witzig. Aber natürlich Darling, du hast so recht! Und wer kennt meine Probleme besser als du.

*

Es dauerte ewig, bis er mit den Getränken wiederkam. Und als er sich nach zwei Sekunden mit seinem O-Saft auf Tonnen Eis bekleckerte und mir dann am laufenden Band Fragen stellte, hab ich mich zum ersten Mal gefragt, was ich da eigentlich tue.

Er sei wegen des Parkplatzes so unentspannt.

Aber ich glaube, das war höchstens der halbe Grund. Denn er war schon so, als er gerade mal fünf Minuten am Tisch saß und für sechzig hatte er bezahlt.

Er trug ein schönes T-Shirt. Weiß, mit abgesetzten dunkelblauen Ärmeln und einem Schriftzug in derselben Farbe. Es sah cool an ihm aus. So wie neunzig Prozent aller Klamotten cool an ihm aussehen.

Ich war optisch wahrscheinlich das genaue Gegenteil von cool. Aber von meinem Wesen her muss ich es gewesen sein. Denn alles perlte an mir ab.

Es gibt Tage, da bin gut im Schauspielern – wenn ich es denn sein will. Und heute wollte ich. Besser gesagt: musste ich.

Sonst hätte mein Herz Schaden genommen.