von Gabriele Leeb
Gleich am nächsten Tag rief Mimi bei Madame L. an und kündigte ihren Besuch an als Reporterin.
Sie wollte einen Artikel über die wertvolle Münzsammlung der Frau L. schreiben. Als Unterstützung nahm sie ihren alten Freund Fred mit, der ein begeisterter Fotograf war und auch Ahnung von Münzen hatte. Mimi hatte sich in einer Nachtschicht die Grundlagen der Numismatik angeeignet. Gott sei Dank sammelte Frau L. nur Münzen aus Österreich.
Frau L. lud sie für 15 Uhr ein. Sie stellte ihnen zwei Stunden ihrer kostbaren Zeit zur Verfügung. Pünktlich um 15 Uhr fuhren Fred und Mimi die imposante Auffahrt zur Villa hinauf. Der Diener Jean öffnete ihnen die zweiflügelige Haustür und bat sie in den Salon.
Fred meinte nur lapidar:“Nicht schlecht, Herr Specht.“
Mimi dachte bei sich: Nicht mein Geschmack. Viel zu überladen.
Zehn Minuten später rauschte Frau L. in den Salon.
„Es freut mich sehr, dass Sie gekommen sind. Bitte nehmen Sie Platz. Kaffee oder Tee? Oder etwas Stärkeres?“
Mimi und Fred nahmen beide eine Tasse des herrlich duftendes Tees. In einer Schale lagen Schokoladeherzen und Husarenkrapferl. Danach zog sich der Diener Jean diskret zurück.
„Ich werde Sie jetzt dann in mein Zimmer führen, wo meine Münzsammlung im Safe ruht und auch meine Schmuckstücke. Sie können sich dann an Ort und Stelle ansehen, wo das Collier verschwunden ist und natürlich auch ganz unverfänglich Fotos schießen und den Raum untersuchen. Danach werde ich Ihnen meinen Sohn und seine Familie vorstellen. Ich habe zwei Enkelkinder, zwölf und fünfzehn Jahre alt. Hannah und Vinzenz. Das weitere überlasse ich dann Ihnen.“
Mimi und Fred und die Hausherrin tranken Tee und plauderten noch zehn Minuten, dann erhob sich Madame L. und ging voran an den „Tatort“.
Mimi staunte über die Größe des Zimmers. Ihre ganze Agentur hätte darin Platz gefunden. Es gab einen kleinen runden Tisch mit vier Sesseln. Dorthin bat sie Madame L. und sie wandte sich dem Safe zu. Sie kam mit zwei Schatullen zurück und legte diese auf den Tisch. Madame L. hatte weiße dünne Handschuhe an und zwei weitere Paare platzierte sie auf den Tisch und nun begann das Ablenkungsmanöver.
© Gabriele Leeb 2023-11-20