Das vollgestellte Klavier

Sven Sommerfeld

von Sven Sommerfeld

Story

,,Ich möchte mal wieder Klavier spielen!“ sprach Melody aufgeregt, als sie hastig zur Tür hereinkam. Nicht mal die Schuhe ausgezogen, läuft sie durch den Hausflur und bemerkt schon gar nicht mehr die vielen Portraits von alten berühmten Komponisten und die Notensymbole, welche überall an den Wänden verteilt sind. Am Ende des Flurs ist das Wohnzimmer, groß und altmodisch mit allerlei Holzmöbeln, welche typischerweise auch bei alten Menschen zu finden sind. Einen Fernseher gibt es hier nicht, aber einen großen schwarzen Flügel, der zu Melodys erschrecken, völlig versteckt mit allerlei unnötigem Kram voll gestellt ist. Bücher, Kochrezepte, Klamotten und so weiter. ,,Wie soll ich denn so Klavier spielen?“ fragt sich Melody verzweifelt und schaut um sich. Dabei fällt ihr auf, wie der Rest des Wohnzimmers wunderbar aufgeräumt war, nur das vollgestellte Klavier passte nicht mehr ins Bild. Melody packt einen großen Stapel Bücher vom Klavierhocker hinweg, setzt sich hin und fällt in Erinnerungen als sie ein altes Notenpapier auf der Klaviatur findet.

,,Nochmal, bitte Mama!“ bat Melody ihre Mama eindringlich, als diese nach der 3. Wiederholung ihres Spiels langsam müde wurde und ins Bett gehen wollte. ,,Aber“ fing sie an und blickte dabei fürsorglich und erschöpft Melody an ,,du hast es doch schon wieder 3 Mal gehört und kannst es selber schon auswendig spielen.“ ,,Ja, aber ich kann das nicht so gut wie du!“ erwiderte Melody und schaute ihre Mama dabei mit dringlichem Ernst in die Augen. ,,Na gut, aber nur noch einmal, ok?“ Melody freute sich und ihre Mutter fing wieder an zu spielen.

,,Das war schön.“ Denkt sich Melody als sie wieder aus der Erinnerung erwacht. Sie steht auf und fängt an den Kram auf dem Flügel wegzuräumen. Als sie beim letzten Kochmagazin angekommen war, fand sie eine Notiz, wo draufsteht ,,Das Lieblingsessen der besten Musikerin.“ Es war das Lieblingsessen ihrer Mama, was Melody immer gerne für sie kochte und fing wieder an sich zu erinnern.

,,Möchtest du diesmal ein Würstchen dazu haben, Mama?“ rief Melody aus der Küche, während die Suppe schon am Kochen war. ,,Ja, sehr gern!“ rief ihre Mama aus dem Wohnzimmer, während durch das Haus die zauberhaften Noten ihres Spiels beinahe sichtbar das ganze Haus erfüllten. ,,Aber mach es nicht zu scharf, wie letztes Mal!“ rief sie noch hinterher. ,,Ja, natürlich nicht.“ erwiderte Melody lachend.

Melody setzt sich wieder auf den Klavierhocker und schaut erneut in das Wohnzimmer hinein. Plötzlich geht die Tür auf und ihr Vater kommt herein und sieht Melody weinend auf dem Boden sitzen. Mitfühlend geht er zu ihr, beugt sich zu ihr hinunter und fragt seufzend ,,Hast du wieder an Mama gedacht?“ ,,Ja, und obwohl ich das Klavier extra mit dem ganzen Kram zugestellt hab, hab ich es einfach wieder weggeräumt, weil ich ihre Melodie vermisst hab“ sprach Melody weinend und versuchte dabei ihre Tränen wegzuwischen, ,,doch ich schaffe es einfach nicht ohne plötzlich zu weinen.“ ,,Das geht mir genauso“, sprach ihr Vater einfühlsam ,,und deine Mama spielt gewisslich nun im Himmel für Gott, welcher sich bestimmt an ihrer schönen Melodie erfreut und eines Tages spielt ihr beide zusammen.“

© Sven Sommerfeld 2025-04-28

Genres
Romane & Erzählungen
Stimmung
Emotional, Traurig