Das Waffenrad und ich.

Johannes Perl

von Johannes Perl

Story

Mal wieder ich mit meinen Ideen. Und ich mit meinem alten G´raffl. Schon länger war ich auf der Suche nach einem Fahrrad, um im Sommer am Wochenende damit zum See zu radeln. Aber, wer mich kennt, der weiß, es wird wohl kaum ein modernes Mountainbike oder gar ein Rennrad aus Carbon werden. Nein, alt muss es sein. Und nicht einfach irgendein altes Rad, nein, ein Waffenrad.

Auswahl gibt es genug. Auf diversen Plattformen werden alte Drahtesel mit Preisen von 20 bis 2.000 Euro angeboten. Für meine Zwecke musste es jedoch nicht unbedingt das im Originalzustand befindliche Steyr-Rad aus Kriegszeiten sein. Meine Wahl fiel auf ein Rad um 150 Euro, abzuholen unweit meiner Wohnung. Ein Styria-Waffenrad, mit einem Gang, Rücktrittbremse, Dynamo und einem Licht, das sogar Fern- und Abblendlicht zu bieten hat.

So machte ich mich an einem kühlen März-Abend nach der Arbeit auf den Weg, besagtes Rad zu besichtigen und wenn der Zustand passt, auch gleich mitzunehmen. Ohne wirklich einen Meter damit gefahren zu sein, packte ich das Geld aus und das Rad ein, Preisverhandlungen wie am Markt blieben aus, wir trafen uns finanziell in der Mitte. Ein wenig zerlegt hinein in meinen Kombi und ab damit nach Hause.

Und wie es schon bei meinem Käfer war, fiel mir erst daheim die eine oder andere Macke auf. Das linke Pedal vermisst eine Schraube und macht sich daher nach wenigen Metern selbstständig. Der Dynamo funktioniert zwar, aber mangels Kabel zum Scheinwerfer geht dem Waffenrad leider kein Licht auf. Rückstrahler am hinteren Kotflügel sucht man auch vergebens. Spannend sind aber die unterschiedlich lackierten Felgen und die schönen Verzierungen, die dem Rad seine ganz eigene Schönheit verleihen. Nach über 70 Jahren darf man aber die eine oder andere Macke aufweisen. Aber die Basis bietet sich an, dieses Rad wieder in einen originalen Zustand versetzen zu können.

Bei einer kurzen Runde in meiner Siedlung trat ich plötzlich ins Leere, der bereits erwähnten fehlenden Schraube geschuldet. Aber schon nach kurzer Strecke merkte man mir den Spaß deutlich an, den diese Rarität aus Metall mir machte. Ein Stück österreichische Geschichte auf zwei Rädern perfekt passend zu meinem Kugelporsche. Vielleicht findet sich noch ein originaler Radträger für meinen alten Volkswagen, würde dies doch das Gesamtbild perfekt abrunden.

Diese Flausen, solch alte Dinge spannend und interessant zu finden, wird mir wohl keiner austreiben können. Man könnte meinen, nicht nur mein Rad hat eine Schraube locker. Die Leidenschaft für solche Dinge, seien es Autos, Fahrräder, Musik oder Filme von früher, hat mich schon zu manchem Abenteuer bewogen und wird mich auch noch länger begleiten. So ist das nun mal, wenn man im falschen Jahrzehnt geboren wurde.

© Johannes Perl 2021-03-19

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