Das Wagnis Liebe.

Gabriele Leeb

von Gabriele Leeb

Story

Unwillig drehte sie sich von einer Seite zur anderen. Verdammt, warum war sie nur so abhängig von seinen Zärtlichkeiten? Sie war doch eine taffe Frau, war sehr erfolgreich im Beruf und in ihrer Position. Auch ihr Leben verlief in angenehmen, ruhigen Bahnen. Normalerweise hatte sie auch nie Probleme, Männer kennenzulernen. Doch bei ihm war alles anders. Er sprach sie an und sie konnte sich seinem Lächeln nicht entziehen. Sie wollte keine feste Bindung, sie liebte ihre Unabhängigkeit. Ab und zu ein kurzes Abenteuer, ein paar Höhepunkte und das reichte ihr, bis jetzt.

Jedoch von ihm konnte sie nicht genug bekommen. Wollte immer mehr, mehr Zeit mit ihm verbringen, mehr sexuelle Aktivitäten, mehr Experimente, mehr Stellungen und mehr Nähe. Wenn sie nur an seine Küsse dachte, konnte sie sich nicht mehr konzentrieren und ihr Vortrag geriet ins Stocken. Sie schüttelte verärgert den Kopf und versuchte die Erinnerungen zu verscheuchen. Es gelang ihr immer weniger, immer seltener.

Seit Jahren hatte sie sich Arbeit mit nach Hause genommen über das Wochenende, dieses Mal nicht. Sie hatte ihn angerufen und er stand dann am Abend vor ihrer Tür. Und jetzt war Sonntag Morgen und er war gegangen. Sie war unzufrieden mit dieser Situation und mit ihrer Unzulänglichkeit. Ja, sie fasste es als Makel auf, Zeit zu vergeuden. War es überhaupt so? Vergeudete Zeit? Unproduktiv? Sie musste lernen, von ihrer eingefahrenen Gedankenwelt und ihrer Profitgier wegzukommen. Sie musste Gefühle zulassen, und wenn das bedeuten würde, offener zu werden, so musste sie es riskieren, auch wenn ihr diese Denkweise noch so fremd war.

Sie kochte sich einen Espresso, legte sich eine CD auf und kroch erneut unter die Decke, der noch sein Geruch anhaftete. Sie würde dieses Wagnis, was man Liebe nennt, eingehen!

© Gabriele Leeb 2022-07-31