Das Weihfeuertragen

Christine BĂŒttner

von Christine BĂŒttner

Story
Puch bei Weiz 1937 – 2025

Erst vor kurzem erzĂ€hlte mir mein Schwiegervater beim Nachmittagskaffee in seinem gemĂŒtlichen Wintergarten, dass er sich als Bub am Karsamstag zeitig in der FrĂŒh vor 88 Jahren in Puch bei Weiz mit einer Blechdose und getrockneten SchwĂ€mmen auf den Weg zur Kirche machte, um an der Feuerweihe teilzunehmen. Mit diesem Feuer wurden HolzschwĂ€mme in den Blechdosen zum Glimmen gebracht. Dabei handelte es sich meistens um einen einfachen Baumschwamm, der vor allem bei Buchen vorkommt. Er wurde in frĂŒheren Zeiten auch als Zunder bezeichnet, weil er als AnzĂŒndehilfe diente. Noch heute versteht man unter „Zunder“ ein leicht entflammbares Material. Die Redensart: „Jemandem Zunder geben!“, existiert immer noch und bedeutet, jemanden heftig kritisieren oder auch laut schimpfen.

Die Kinder schwangen diese mit einem Henkel ausgestatteten GefĂ€ĂŸe durch die Luft, erzeugten auf diese Weise viel Rauch, sodass die SchwĂ€mme nicht verbrannten und zogen anschließend von Bauernhaus zu Bauernhaus.

In der damaligen Zeit durfte das Herdfeuer in der KĂŒche niemals ausgehen, nur am Karfreitag gab es im Gedenken an die Kreuzigung von Jesus Christus keine Flamme im Ofen. Ein Teil des glosenden Schwammes wurde dann mit dem Palmbuschen vom Vorjahr in den Herd gegeben, um dann am Ostersamstag das Osterfleisch zu kochen oder das Osterbrot zu backen. Auch der Stall wurde ausgerĂ€uchert, damit die Tiere vor Seuchen geschĂŒtzt werden. WĂ€hrend dieses Vorganges sagten die Kinder einen Segensspruch auf, der folgendermaßen lautete:

„Wir bringen euch auch heuer das heilige Feuer. Segen und Leben wird Christus euch geben!“ Dann wĂŒnschten sie dem Bauern und seiner Familie „Frohe Ostern“ und bekamen als Belohnung Ostereier oder andere Kleinigkeiten, Geld gab es zur damaligen Zeit nicht, denn die Bauern waren arm.

Bereits Peter Rosegger erzĂ€hlte 1870 in „Ostern in der Obersteier“ von diesem Brauch. Da hieß es: Der TotengrĂ€ber machte nĂ€mlich auf dem Friedhof aus kaputten Grabkreuzen oder halbverwesten Sargbrettern ein Feuer an, welches der Pfarrer weiht. Nach dem Gottesdienst eilte von jedem Hof ein Bub und nahm ein brennendes oder glĂŒhendes StĂŒck Holz aus diesem Feuer und gab es in eine Pfanne. Damit eilte er dann zu seinem Hof, um im Herd das Feuer zu entfachen. Ganz schlimm war es, wenn ihm unterwegs das Feuer auslosch, denn dann starb jemand im Laufe des Jahres in diesem Hause.

Dieser Brauch des Weihfeuertragens hat seine Wurzel in der katholischen Liturgie. Schon am frĂŒhen Morgen wird auch heute das Feuer vom Priester vor der Kirche gesegnet und anschließend in die Blechdosen der Kinder gefĂŒllt. Das Segenszeichen Feuer steht fĂŒr Licht, WĂ€rme und neues Leben und damit fĂŒr die Auferstehung. Auch die Osterkerze in der Kirche wird mit diesem Licht entzĂŒndet. Wenn die Kinder heute von Haus zu Haus ziehen, bekommen sie meistens ein kleines Taschengeld. Ich finde, dass das Weihfeuertragen noch heute ein alter, wunderschöner Brauch ist, der GlĂŒck und Segen in die HĂ€user bringt!

© Christine BĂŒttner 2025-04-21

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Romane & ErzÀhlungen
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