Dating Voyeur

Walter Weinberg

von Walter Weinberg

Story

Mit 15 Jahren hatte ich meine ersten Flirts. Die Typen wurden mir frei Haus geliefert. Eigentlich kamen sie zu meiner älteren Schwester. Sabine war die Dating-Queen im Dorf. Sie gabelte die jungen Männer in unserer Land-Disco Fly auf, wo sich auch Jungs aus Linz jeden Samstag tummelten. Den besten ihrer Flirts lud meine Schwester meistens am Sonntag zu uns nach Hause ein. Oft traf sie eine schlechte Wahl, die sie mit der Dunkelheit in der Diskothek entschuldigte. Wir jüngeren Geschwister warteten sonntags immer gespannt auf das Läuten der Türglocke, um endlich zu sehen, wen Sabine diesmal erwählt hatte.

Wenn es endlich läutete, begann unsere Hündin Bella lautstark zu bellen und unsere neugierigen Blicke richteten sich auf die Tür. Wir musterten den Jüngling von Kopf bis Fuß. Oft war die Enttäuschung groß, aber es gab Ausnahmen. Manche brachten uns aufgrund ihrer Nervosität oder anderer Eigenheiten zum Lachen. Meine Mutter nannte die Kandidaten meiner Schwester „Kund“. Wir übernahmen diese Bezeichnung. Schon Sonntag früh machten wir uns lustig darüber: „Der Kund könnt kumma!“ Meine Schwester schwärmte beim Mittagessen, wie gut ihr Fang der letzten Nacht doch aussehen würde. Wir konnten es kaum erwarten, den Schönling zu erblicken.

Ich verbrachte die letzten vier Jahre im züchtigen Klosterinternat, aber jetzt machte sich meine Pubertät bemerkbar. Seit ich als sieben-Jähriger in der Volksschule bei der Schularzt-Untersuchung meine Freunde in Unterhose sah, fand ich Gefallen an Männerkörpern. Wenn Sabine unterwegs war, schlich ich mich in ihr Zimmer und bestaunte die halb nackten Jungs in ihren Mädchen-Magazinen.

Eines Abends kam tatsächlich ein Junge, schön wie aus einem Magazin, zu uns nach Hause. Sabine saß mit ihm auf der Terrasse, auf die ich von meinem Zimmer aus gut sah. Damit der Adonis mit den vollen Lippen nicht merkte, dass ich ihn beobachtete, öffnete ich das Fenster und bewunderte ihn in der Spiegelung des Fensters. Ich hatte mich zum ersten Mal verliebt! Gott sei Dank wollte ihn Sabine wiedersehen, obwohl er sehr reserviert war. Es schien, als war sein Interesse an ihr nicht sehr groß. Ich befürchtete, dass er uns bald nicht mehr beehren könnte und bekam richtig Angst, ihn nie mehr zu sehen!

Als ich wieder mal im Zimmer meiner Schwester stöberte, fand ich im Nachtkästchen Kondome. Deswegen dachte ich, Sabine hätte bereits Sex mit dem schönen Michael. Damit er für immer in meiner Nähe bleibt, überlegte ich, alle Kondome samt verschweißter Verpackung mit einer Nadel zu durchstechen. Mein Plan war, dass Sabine schon bald ein Kind von ihm empfangen sollte! Gott sei Dank zögerte ich und wollte nicht Schuld an einer ungewollten Schwangerschaft sein. Leider kam er kurz darauf sowieso nicht mehr zu uns!

Meine Schwester erzählte mir Jahre später, dass er kein Interesse an Sex mit ihr hatte. Wahrscheinlich war er schwul und einfach nicht an Frauen interessiert. Hätte ich das gewusst, ich wäre überglücklich gewesen!

© Walter Weinberg 2020-08-04

Hashtags