von Anna Kerbl
„Hier, hier müsste es sein!“ „Hier? Hier ist doch nichts!“ Nichts mitten im Nirgendwo da sind sie gelandet. Sie, Tom und Mia. Ein Paar, verliebt, und im Urlaub. Nicht irgendein Urlaub, der Urlaub schlechthin. Ein Roadtrip, kein klassischer Roadtrip, keine Hetzerei von Hotspot zu Hotspot. Nein, sie wollten den Westen von USA nicht nur sehen, sie wollten ihn Erleben!
Und dies ist ihnen bis jetzt auch gelungen! Von der Küste Los Angeles ging es nach einigen grandiosen Zwischenstopps in die Wüste Kaliforniens. Die Mojave-Wüste, diese einzigartige Landschaft, völlig konträr zu den heimischen, österreichischen Alpen, genau dort wollte sie hin. Das Death Valley, einer der vielen Höhepunkte der Reise, war Mitte März keinesfalls ein totes Tal. Die bunten Sand- und Felsformationen, die in der Frühjahressonne glänzten, lockten etliche Abenteuerlustige zum Wandern und Sightseeing. In der kargen Landschaft präsentierten zahlreiche Wüstenpflanzen ihre zarten, aber prächtigen Blüten. Müde, erschöpft aber glücklich von den vielen Eindrücken waren sie. Nur mehr, duschen, Abendessen und ins Bett wollten sie! Das nächste Hotel nicht unweit vom Death Valley, sollte vielversprechender als die letzten, um es milde auszudrücken, sehr einfachen Schlafstellen sein. Kein Hostel, kein Zelt, nein auf ein richtiges Hotel freuten sie sich.
Wo war es nur, das richtige Hotel? Einsame, heruntergekommene Häuser mitten in der Wüste, zu einem lost Place wie er im Bilder Buch steht, wurden sie hin navigiert! Mit etwas Fantasie war diesem Ort jedoch schon etwas abzugewinnen. Gegenüber der Straße eine verlassene Kneipe. Es ließ sich nur erahnen, wie einst in den goldenen Zwanzigern die Straßen dort belebt waren. Automobile, Jazzmusik, Damen im Flapper-Look, und jede Menge Whiskey, der in dieser Mondscheinkneipe schwarz über die Theke ging. Doch heute am 15. März 2023 bröckelten die Fassaden, der einst glänzenden Bauten. Tumbleweed wurde vom Winde verweht, sanfte Harmonika-klänge statt glorreicher Jazz-Musik, Spiel mir das Lied vom Tod, hätte diese Szene perfekt untermauert.
Schließlich war da doch noch ein Hotel. Mitten im Zentrum dieses Geisterortes, der sich Death Valley Junction nannte, befand es sich. Ein schäbiges Hotel in dessen Vorgarten ein Grabmal prangte. Ihr Hotel? Nein, das konnte nicht sein! Dort war niemand, alles verriegelt und verlassen, das hatten sie nicht gebucht. Oder doch? Ein Geräusch ließ sie aufschrecken, eine rauchige Stimme dann stand er auch schon vor ihnen, ein alter Cowboy. Er war wie dieser Ort, seine besten Jahre lagen längst hinter ihm! „Hello Guys, come on!“ Gestikulierend stand er da. Sie sollten ihn wohl folgen. Schlurfend in gebückter Haltung schlich er dahin, ein unverständlicher Slang klang aus seiner Kehle.
Angsteinflößend wirkte er, im Gedanken waren sie schon auf der Flucht. Plötzlich hielt er inne. „Welcome!“ und er deutet zu der großen dunklen Flügeltür, über der im schwachen Neonlicht der Name des Hotels prangte: Amargosa Opera House. Ihre Blicke trafen sich, doch ehe sie sich umsahen, war der Alte verschwunden und die Hotelpforte öffnete sich knarrend. Sie betraten das einzig scheinbar doch nicht verlassene Gebäude im Death Valley Junction.
© Anna Kerbl 2023-05-27