Deduschka und Babuschka

Alonuschka

von Alonuschka

Story

Meine Großeltern wohnten in einer 2-Zimmer Wohnung im 1. Stock eines vierstöckigen Hauses. Ich liebte die Wohnung mit dem Schlafzimmer, in dem ich meist mit Oma zusammen im Bett schlief. Das Badezimmer war sehr klein, die Wanne sehr alt und an der Heizung darüber hing mein rotes Plastikkrokodil, welches ich immer mit in die Badewanne nahm. In der Küche standen meistens einige Töpfe auf dem Herd und im Abtropfgitter, über der Spüle, hing Geschirr. Im ausklappbaren Sessel am Tisch hatte Opa seinen festen Platz, während Oma immer auf einem weißen Hocker mit dem Rücken zum Küchenschrank saß, in dem die Leckereien untergebracht waren. Im Wohnzimmer stand eine Schlafcouch, auf der Opa meist schlief, hinter der ein großer, schwerer, roter, gemusterter Teppich hing und auf der gegenüberliegenden Seite stand eine Kommode mit Figuren und Geschirr, welches ich nur zu gern betrachtete. In der Ecke stand ein Schrank mit all der Kleidung, die meine Großeltern besaßen – es war nicht viel. Opa war klein, rundlich, hatte volles, dunkles Haar und eine Kartoffelnase. Er liebte das Angeln im See, seinen Garten mitsamt seiner Banja (traditionelles, russisches Dampfbad), sein selbst angebautes Gemüse, welches er regelmäßig für den Winter einweckte und in den ausgebauten Keller seiner Garage brachte und er liebte es Pilze und Beeren im Wald zu sammeln. Wenn ich mich an ihn erinnere, denke ich immer an seine „Ausgeh-Hosen“, sein schönstes Paar, welches er nur trug, wenn er in die Stadt, zum Einkaufen, zur Post oder zur Bank musste und natürlich an seine zwei schönsten Hemden – das eine Armee-grün und das andere weiß mit hell- und dunkelblauem Muster. Er war ein guter Opa – ich erinnere mich wie wir Badminton spielten, er mir manchmal Süßigkeiten mitbrachte, wenn er von der Arbeit kam, mir frisches Gemüse und Obst im Garten abzupfte, sodass ich es gleich essen konnte und ganz früh morgens in den Wald stampfte, um Waldbeeren zu pflücken. Und aus seinem frisch gefangenen Fisch kochte er die leckerste Ucha (klare, russische Fischsuppe) die ich je gegessen habe. Leider liebte er jedoch auch das Staatsfernsehen und eine sehr lange Zeit lang den Alkohol. Meine Oma war eine typisch russische Babuschka, mit kurzen Haaren, Dauerwelle und blau geblümten Hauskittel. Sie war klein, mit 14 Jahren war ich bereits größer als sie, hatte eine knollige Nase und schlurfte beim Gehen immer mit den Hausschuhen über den Boden. Normalerweise hasse ich dieses Geräusch, es ist für mich so schlimm wie Styropor zu brechen oder mit offenem Mund Kaugummi zu kauen, doch bei ihr war dieses Geräusch etwas, was mir Sicherheit und das Gefühl von „Zuhause“ gab. Oma machte oft Pfannkuchen, dazu gab es Schmand mit Zucker oder süße Kondensmilch. Als Kleinkind saß ich auf der Tischkante, Oma saß vor mir auf ihrem Hocker und meine Füße standen auf ihren Oberschenkeln, während sie mich fütterte. Und sie kochte die besten Schtschi – bis heute hat diese Sauerkrautsuppe nirgends besser oder auch nur annähernd so gut geschmeckt wie die ihre. Sie war eine grummelige, manchmal strenge und doch sehr gutherzige und liebevolle Frau, deren lieblich lächelndes Gesicht ich bis heute vor meinem geistigen Auge sehen kann. Sie waren meine Deduschka und Babuschka – die Großeltern zu denen ich immer eine sehr enge Bindung hatte.



© Alonuschka 2023-09-12

Genres
Biografien
Stimmung
Emotional, Hoffnungsvoll, Reflektierend
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