Definition von Frieden

Sudenaz Ciran

von Sudenaz Ciran

Story

Mit rasendem Herz stieg ich aus dem Auto und rannte zum Körper, der unbeweglich auf dem Boden lag. Meine Hände und Beine zitterten vor Adrenalin. Überall war Blut. Das Blut war überall. Blut. An ihrem Kopf, ihren blonden langen Haaren, ihren Beinen. Mit zitternder Hand drehte ich ihr Gesicht zu mir und das reichte aus, um ein lautes Geschrei von mir zu geben. Jemand packte meine Arme und entfernte sie von Melissa. Ich wehrte mich gegen ihn, wollte niemanden um mich herum haben, doch er ließ nicht los, bis wir einige Meter weiter weg von ihr gingen.
„Audrey, hey Audrey schau mich an“, sagte die Stimme. Dann schüttelte er mich. „Audrey beruhig dich, sie lebt noch!“

Ich hob den Kopf und sah ihn voller Tränen an. Meine Lippen zitterten auch und ich konnte kaum sprechen, aber ich musste es ihm sagen.
„Sie, ich, ich kenne sie. Melissa. Sie ist schwanger. Ich hab sie umgebra-„

Dann umhüllte mich in dieser kalten Nacht eine Wärme. Eine Wärme, die mich beruhigte. Ein Geruch, der mich zurück zu meiner Kindheit, meiner Heimat brachte. Es war wie die Definition von Frieden.

„Psh. Du hast niemanden umgebracht. Sie lebt noch. Und es war nicht deine Schuld, ich habe alles gesehen ok?“

Seine Stimme hörte sich so an, als wäre er in einem Tunnel, doch der einzige Grund, weshalb ich das dachte war, dass er mich in seine Umarmung nahm.

Zuerst hörten meine Lippen auf zu zittern, dann meine Hände und zuletzt meine Beine. Ich beruhigte mich langsam. Irgendetwas an ihm zog mich an sich. Sein Geruch war wie Beruhigungsmittel, seine Stimme wie die schönste Erinnerung in mir und sein Herzschlag fühlte sich so echt an, dass er mich im Moment behielt. Wenn er jetzt nicht hier wäre, wusste ich, dass ich eine Panik Attacke hätte. Ich hätte kaum Luft bekommen, wäre vielleicht sogar in Ohnmacht gefallen. Aber er war hier und ich lebte. Er war hier und ich fühlte es.

Ich bin nicht mehr allein…

Doch leider konnte ich nicht für immer so bleiben. Mein Herz tat weh, doch mein Gehirn wusste, wonach es streben muss. Ich musste die Wahrheit wissen. War ich Mörderin? Ich riss mich zusammen, hob den Kopf von seinem Schoß und sah ihm in die Augen.

„Was hast du gesehen Aiden?“ Er nahm einen sehr tiefen Atemzug, schaute mich einige Sekunden lang mit seinen Smaragdgrünen Augen an und fing an zu sprechen:

„Sie ist extra auf die Straße gesprungen. Sie wollte sich selbst umbringen…

© Sudenaz Ciran 2023-08-13

Genres
Romane & Erzählungen
Stimmung
Dunkel, Emotional, Unbeschwert, Mysteriös, Angespannt
Hashtags