Im Sommer ist er eine helle Freude, im Winter wärmt er das Herz. Er schmeichelt dem Auge und der Haut, liegt warm in der Hand, und kaum, dass die Menschen von „den Bäumen stiegen”, hängten sie ihn sich als Amulett um. Obwohl er kein eigentlicher Stein ist, wurde und wird er in allen Kulturen als Glückstein, Heilsbringer, sogar als Medizin verehrt.
Einige Stücke sind schon 360 Mio. Jahre alt, stammen aus der Steinkohlenzeit, der Zeit der riesigen Nadelholz- und Schachtelhalmwälder (Karbon). Die Stücke, die wir kennen, sind jünger – 65 Mio. Jahre – und stammen aus dem ehemals Subtropischen: längs der Ostseeküste, Masuren bis weit nach Russland, aus Sachsen, Oberschlesien, Westfalen, Brandenburg und Holland.
Der Entstehungsprozess ist nicht vollständig erforscht – tatsächlich kamen alle Bäume infrage, meist aber Nadelbäume und es gibt Landstücke wie auch maritime Stücke.
Bei den Römern hieß er Saftstein, bei den Griechen Elektron – wegen seiner Eigenschaften. Seine Verbreitung verdanken wir phönizischen Seefahrern, die schon früh mit ihm Handel trieben. Neben Gold und Silber hat er sich gut behaupten können. Hochgeschätzt wurde er – sodass er sogar in ägyptischen Königsgräbern als Beigabe gefunden wurde.
Er diente als Zahlungsmittel ebenso wie als Heilmittel. Der griechische Arzt Dioskurides empfahl ihn bei Stoffwechselproblemen, andere legten ihn Kranken als Pulver in den Nacken. Hildegard von Bingen experimentierte mit ihm bei Herzleiden und Halsschmerzen.
“Wenn du reden könntest, kleine Fliege”, seufzte Immanuel Kant beim Betrachten von Tierchen, die der Harztropfen einst einfing und für Millionen Jahre umschloss – Momentaufnahmen aus den Urzeiten, teilweise den Todeskampf des Insektes noch sichtbar machend.
Phaethon – Sohn des Sonnengottes Helios und der Klymene, Tochter des Ozeanos – stritt mit einem Freund, ob er göttlicher Abstammung sei. Phaethon ärgerte dies. Er bat seinen Vater, als Beweis für einen Tag den Sonnenwagen lenken zu dürfen. Sein Vater warnte ihn, nicht einmal Zeus könne das. Phaethon bestand darauf, lenkte den Wagen bedachtsam, dann übermütiger und krachte (weil ohne Führerschein) in den Graben. Nun gerieten die Sterne in Unordnung. Zeus schleuderte Blitze gegen Phaethon, sodass der, tödlich getroffen, in einem Fluss versank. An dessen Ufer verwandelten sich seine Schwestern, die Heliaden, in Pappeln, um ihm nahe zu sein und vergossen ihre Tränen in den Fluss, die zu Bernstein wurden
1711 hat Friedrich I. das Bernsteinzimmer Zar Peter d. Großen geschenkt, das im 2. Weltkrieg verloren ging. 2003 wurde es in St. Petersburg rekonstruiert
Heute schmückt man sich dekorativ mit ihm – sagt ihm auch weiterhin besondere Heilkräfte nach. Als Amulett auf dem Nabelchakra getragen, wirkt er dort beruhigend und ausgleichend
Meinen Bernstein – einen Goldbernstein – habe ich in Hiddensee gefunden
„Deine Küsse duften wie … geriebener Bernstein“, schrieb einst Ovid in seiner “Liebeskunst”.
© Heinz-Dieter Brandt 2021-09-09