Deine leere Kaffeetasse

Patty

von Patty

Story

Nur ein Blick reichte, um zu sehen, dass du lieber irgendwo anders gewesen wärst, als mit mir an diesem Tisch zu sitzen. Der Inhalt deiner Kaffeetasse schien interessanter zu sein, als was ich zu sagen hatte. Hast du überhaupt zugehört? Als ich diesen Gedanken laut aussprach, schautest du mich fragend an. Du hast die Frage nicht verstanden. Ich schüttelte den Kopf und schaute enttäuscht in meine Teetasse hinunter. Sie war halb leer. Der Tee war bereits kalt.

Du hast nichts gesagt, nur genervt durch die Gegend geschaut. Dann klingelte dein Handy und ich wusste, dass Gespräch das nicht einmal angefangen hatte, war vorbei. Mit einem Seufzer hob ich die Tasse. Du nahmst den Anruf entgegen, während ich meinen Herzschlag im Tee ertrank. Jedes Wort, das du sagtest, fühlte sich an wie ein Stich. Worte, die nicht an mich gerichtet waren. Worte, die du zu jedem sagen konntest, außer zu mir.

Die Verabschiedung fiel und das Handy landete wieder in deiner Tasche. Du trankst den Rest deines Kaffees und schautest in die Tasse, als ob dort Antworten verborgen waren. Jeden Morgen suchtest du nach ihnen, doch fandest sie nie. Unsere Blicke kreuzten sich. Die Wörter, die auf meiner Zunge lagen, spülte ich gekonnt mit einem weiteren Schluck Tee hinunter. Sie hingen in der Luft, doch niemand sprach sie aus. Deine Augenbrauen waren zusammengezogen, als ich die Tasse wieder abstellte.

„Ich glaube, wir funktionieren nicht mehr.“

Das erste Mal, dass du an diesem Morgen etwas zu mir sagtest. Und es waren ausgerechnet diese Worte. Du konntest mich nicht einmal anschauen, als du sie geäußert hast.

„Ich weiß.“

Auch wenn ich wusste, dass du recht hattest, tat es weh. Und es nervte mich. Es spielte eigentlich keine große Rolle, aber du hattest zuerst den Mut, diese Aussage zu tätigen. Es störte mich irgendwie.

Ein letztes Mal schautest du in deine leere Kaffeetasse. Ich hörte das Klimpern deiner Schlüssel, als du sie vom Tisch nahmst. War das jetzt das Ende? Wortlos verließt du die Küche. Dann die Wohnung. Deine Sachen verschwanden. Und ich war allein.

Am nächsten Morgen, als ich mir einen Tee in der Küche machte, sah ich noch deine leere Kaffeetasse auf dem Tisch. Ich schmiss sie gegen die Wand und verließ wortlos die Küche. Dann die Wohnung. Meine Sachen verschwanden. Und ich blieb allein.

© Patty 2022-10-18

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