Déjà-vu am Sportplatz

Gerlinde Bruckner

von Gerlinde Bruckner

Story

Auf einem Unterliga Sportplatz schaue ich einem Freund beim Pfeifen zu. Bei der Hinfahrt habe ich die Vision, dass eine andere Frau auch seinetwegen dort ist. Da wir nur befreundet sind, würde mich das nicht stören.

Der Anpfiff geht mir diesmal durch und durch. Ich suche mir einen guten Platz an einem Stehtisch in der Nähe der Strafraumgrenze.

Nach etwa einer Viertelstunde greift die Heimmannschaft an, der Pass nach vorne kommt, ein Spieler steht genau auf meiner Höhe im Abseits, nimmt den Ball an und schießt ihn ins Tor. Der Schiri gibt das Tor. Eine Sekunde überlege ich die Hand zu heben, aber einerseits schaut er nicht her und andererseits ist das nicht meine Aufgabe. In diesem Moment wird mir klar, dass ich mich niemals in ein Spiel einmischen werde, weder verbal noch durch Handzeichen. Es ist sein Spiel, seine Verantwortung, seine Entscheidung. Auch wenn diese falsch ist, trage ich sie mit und stehe kommentarlos hinter ihm.

Die Gästefans unmittelbar in meiner Nähe beginnen den Schiri zu beschimpfen. Zum Glück fällt gleich darauf das 2:0 und das Spiel entwickelt sich in weiterer Folge so, dass die Gäste nicht einmal eine Torchance haben. Die Beleidigungen werden aber immer heftiger, vor allem als ein Zuschauer hineinruft und der Schiri einem daneben stehenden Spieler der Gäste die gelbe Karte wegen Kritik gibt. Die Fans haben wegen ihres eigenen Lärms nicht gehört was der Spieler gesagt hat und glauben dass er die Verwarnung zu Unrecht kassiert hat. Ich muss mich beherrschen ruhig zu bleiben und die Sonnenbrille hilft mir dabei, meine tödlichen Blicke zu verstecken. In der zweiten Hälfte bleibt der Spielstand unverändert. Die Fans werden auch ruhiger, weil ihre Mannschaft sowieso keine Chance gehabt hätte das Spiel zu gewinnen.

Nach dem Spiel warte ich auf den Schiri. Eine der Frauen die neben mir auf die Spieler warten erinnert mich an jemanden, aber ich weiß nicht an wen. Als wir in der Kantine aufeinander treffen, ist seine erste Frage, ob das Tor Abseits war. Ich nicke nur, er ist sich seines Fehlers bewusst, macht sich aber kein schlechtes Gewissen, weil er weiß dass er es aus seiner Position nicht sehen konnte.

Es stellt sich heraus, dass diese Spielerfreundin den Schiri von früher kennt. Sie fragt erst ihn und dann mich darüber aus, wie wir zueinander stehen. An der Art wie sie ihn ansieht ist offensichtlich, dass sie voll auf ihn steht. Als sie mich fragt, ob das zwischen uns was wird, ist mir plötzlich klar an wen sie mich erinnert: an die ehemalige Kollegin, die mich vor 11 Jahren mit einem Tormann verkuppeln wollte. Plötzlich ist es als ob die Zeit stehenbleibt, um 11 Jahre zurückspringt und ich sehe mich selbst in ihr. Damals war ich auch so schwärmerisch und blind verliebt in einen Typen, von dem ich hoffte, dass er im Bett so gut wäre wie im 16er. Ich litt sehr darunter, dass er nicht das gleiche für mich empfand wie ich für ihn. Heute fühle ich mich als Beobachter und kann darüber lachen, denn jetzt sehe ich die Realität so wie sie ist.

© Gerlinde Bruckner 2019-10-06

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