1978 Annapurna Trek / 1
Damals, 1978, ist der Anflug auf Kathmandu eine völlig andere Erfahrung als heute. Eine Propellermaschine fliegt mit uns von Delhi über die Ganges-Ebene nach Norden. Die Kette der 3000 Meter hohen Mahabharata Berge schirmt das Kathmandu Tal nach Süden ab.
Nie vergesse ich die grünen Terrassen, die von allen Seiten die Berghänge hinab ins Tal steigen. Dazwischen liegen die damals noch mittelalterlich anmutenden Königsstädte. Unten ist der große Stupa von Bodnath zu sehen, und weiter im Norden sind es die weißen Gebirgsmassive der 8000er.
Heute sind viele grüne Terrassen zugunsten neuer Siedlungen verschwunden. Statt der grünen Felder und Gärten im Tal bedecken das Kathmandu Tal eine aus allen Nähte platzende Stadt und ein Netz von Straßen. Über dem Tal hängt ständig Smog. Die Königsstädte, in der die Baukunst der Newar bis in die Moderne noch überlebt hat, liegen dazwischen, wie Edelsteine, verstreut in einem Haufen Sand. Das ist die große Enttäuschung, die man nur 20 Jahre später erlebt.
Ich komme wieder auf unsere erste Reise 1978 zurück. Wir haben das große Glück diese Welt noch in einem nahezu unberührten Zustand entdecken zu dürfen.
Zwei exzellente Reiseleiter führen uns in Kathmandu herum, in die Königsstädte, nach Patan und Bhaktapur, und nach Pashupatinath, wo wir im Rauch der Leichenverbrennungen stehen und die Affen frech herumturnen und uns anbetteln. Wir besuchen eine tibetische Siedlung, wo die Exiltibeter eine Teppichknüpferei betreiben.
Eine breite Straße umgibt den Stupa von Bodnath. Mit Gebetsketten in den Händen umrunden Tibeter den Stupa, das Om Mani Padme Hung auf den Lippen. Im Vorbeigehen drehen sie die Gebetsmühlen in der Mauer am Stupa, manche drehen eine eigene kleine Gebetsmühle in der Hand. Tibeter scheinen immer zu beten, und immer lächeln sie.
Rund um den Stupa steht damals eine einzige Reihe gemauerter Bürgerhäuser. Wenige kleine Läden im Erdgeschoß führen Buddhas, Thangkas und schweren Silberschmuck mit Korallen, Türkisen und Lapis Lazuli. Der Tourismus hat erst begonnen. Der herbe Rauch der tibetischen Räucherstäbchen zieht vorbei. Ständig rauchen die Urnen am Stupa, geheimnisvoll und unwirklich.
Nach ein paar Tagen brechen wir auf. Der Annapurna-Trek ruft! Zwei Busse warten auf uns. Ein Bus befördert die Ausrüstung, die Zelte, Körbe mit den haltbaren Vorräten für drei Wochen, dazu Töpfe und Pfannen und einige Träger. Im zweiten Bus sitzen wir, ca 20 Wanderer aus Österreich, zwei Bergführer und ein Sherpa. Auf dem Dach sind unsere roten Tross Säcke gut vertaut.
Wir steuern das Marsyangdi Tal an. Nach abenteuerlicher Fahrt auf unbefestigten Straßen nahe dem Abgrund erreichen wir den Ausgangspunkt unserer Trekking-Tour. Er liegt auf 700m Seehöhe. 4800 Höhenmeter liegen vor uns. Der Trek beginnt zwischen den leuchtend grünen Reisfeldern auf schmalen Wegen, sanft ansteigend, die weißen Gipfel vor Augen.
© friederike kommer 2021-03-23