Demnächst bin ich stinkreich!

Ach, was für ein Glück und was für ein Zufall! Gestern entdeckte ich in meiner Email-Inbox einen reizenden Brief einer Multimillionärin, deren Großzügigkeit zufällig auf mich gefallen ist. Wie sie mir in blumigen Worten schreibt, möchte sie einen kleinen Teil ihres ekelhaften Reichtums an mich überweisen. Es wäre ihr ein großes Bedürfnis. (Na gut, mir auch, da sehe ich kein Problem!) In den nächsten Tagen werden also Euro 1,875.413,- auf meinem Konto einlangen. Die Zahl ist deshalb so unrund, weil schon Prozente für die Steuer abgezogen wurden und nunmehr der Netto-Betrag überwiesen wird. Ich möge mein Konto bekannt geben, damit die Überweisung vom Steuerberater meiner reichen Gönnerin veranlasst werden kann. Apropos Steuerberater! Die Kosten für diesen Dienst möge ich doch bitte mit Euro 9.000,- bevorschussen, schließlich erledigt der Steuerberater alle anfallenden, lästigen Steuer- und Behördenwege.

Und damit ich weiß, wie gut und ehrlich gemeint die Sache ist, soll ich meine edle Spenderin näher kennenlernen. In der Finanzwelt ist sie wohlbekannt, auch als Gönnerin. Näheres kann ich in Wikipedia nachlesen, wo mir ihr Leben und ihr Werdegang nähergebracht wird, damit eine gewisse Vertrautheit zwischen uns entstehen kann. Entgegenkommend, wie meine Millionärin ist, hat sie mir gleich den Link zu ihrem Wikipedia-Eintrag geschickt. Natürlich will ich jetzt mehr von dieser tüchtigen, empathischen Frau – die ich heimlich schon “liebe Tante” – nenne, wissen. Sofort klicke ich den Link an und staune über die seriösen und beruhigenden Infos auf der Wikipedia-Seite. Damit kann ich mich wirklich auf der sicheren Seite fühlen!

Sofort überlege ich ganz aufgeregt, was ich meinerseits mit dieser Menge Geld alles anfangen kann!

Doch eine wichtige, nüchterne Frage drängt sich währenddessen lästig insistierend auf und würgt meine gedanklich beflügelten Füllhorn-Ausschüttungen ab, nämlich: Für wie blöd halten mich diese Email-Gauner???

Selbstverständlich habe ich die Tante sofort aus meinem Leben und die gefälschte Wikipedia-Seite aus dem Daten-Highway gelöscht. Aber ein bisschen habe ich doch noch weiter geträumt – was wäre wenn …