Den kenn ich doch von irgendwoher…

Florian Hauenschild

von Florian Hauenschild

Story

Ein Freitagabend. Hohe Warte Wien. Die Vienna spielte gegen den LASK. Oder Ried? Ich weiß es leider nicht mehr, denn dieser Abend bleibt mir wegen einer anderen Begegnung in Erinnerung.

Damals stand ich noch nicht im Fansektor bei den Vienna Supporters, sondern begutachtete das Geschehen aus einem ruhigeren Bereich des Stadions. Ich saß mit meinem üblichen Stadionmenü bestehend aus Bier und Käsekrainer auf meinem Platz und betrachtete die Teams beim Aufwärmen. Das Stadion füllte sich gemächlich und ein großer, schlanker Herr setzte sich zu mir und fragte, ob das eh in Ordnung sei, wenn er hier Platz nehmen würde. Natürlich war es in Ordnung und der Mann machte es sich neben mir bequem. Normalerweise waren diese Art Begegnungen für mich dann abgehakt. Aber dieses Mal konnte ich nicht aufhören diesem Mann verstohlene Blicke zuzuwerfen. Mein Hirn ratterte: “Den kenn ich doch. Aber woher?”

Dem Mann fiel das offenbar auf und er begann mit mir zu plaudern. Ob ich oft hier bin? Er aktuell nämlich leider nicht. So viel zu tun. Nur Überraschungen im Land. Arbeit über Arbeit. Aber darüber wollte er dann nicht mehr sprechen. Denn heute gibt’s nur Fußball. Was ich mir vom Match erwarte? So quatschten wir weiter, ich immer am Grübeln, wer der nette Herr wohl sei. Ich kenne den doch. Die Stimme auch. Hab ich den schon mal wo getroffen? Werde ich dement?

Das Spiel beginnt, läuft gut hin und her. Mein Sitznachbar und ich analysieren und fiebern mit. In der Pause hole ich für uns Bier. Er bedankt sich höflichst und nippt an seinem Bier die zweite Hälfte über dahin. Am Ende stand es 1-1. Unsere Analyse: „Ein gerechtes Resultat.” Mehr war nicht zu sagen. Und so verließ mich dieses bebrillte Fragezeichen mit freundlichen Abschiedsworten und der Hoffnung auf ein Wiedersehen. Leider könne er nicht länger bleiben. „Die Arbeit ruht ja nie”, meinte er. Ich blieb noch ein wenig, gönnte mir ein letztes Bier und grübelte weiter. Ich war mir sicher, dass ich ihn kannte. Oder hatte ich ihn mit jemanden verwechselt? Es sollte mir an diesem Abend nicht mehr einfallen und so trat ich müde meine gut zweistündige Heimreise an.

Einige Tage später. Ich vegetierte abends auf der Couch und wartete auf die ZIB 2. Schon damals waren unsere politischen Gegebenheiten eher fragil, irgendetwas war wieder passiert und ich wollte informiert sein. Die Nachrichten starten, Intromusik, die Schlagzeilen und als Experte im Studio… Mein netter Sitznachbar. Peter Filzmaier. In meinem dunklen Hirn wurde ein Licht angeknipst: „Oida, bist du deppert. Na sicher! The Filz!”

Auf die Nachrichten konnte ich mich dann nicht mehr konzentrieren. Auch nicht auf die, wie immer pointierten Analysen des Herrn Filzmaier. Ich freute mich nachträglich über den netten Abend mit ihm und ärgerte mich gleichzeitig maßlos über meine Blödheit. Seitdem war ich noch ein paar Mal auf der Hohen Warte. Getroffen habe ich ihn leider nicht mehr. Wahrscheinlich hat Herr Filzmaier diese Begegnung längst vergessen. Wäre auch irgendwie seltsam, wenn nicht. Aber mir hat dieses Aufeinandertreffen eine schöne Erinnerung beschert.

© Florian Hauenschild 2022-01-13

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