von Hillevi Hofmann
So zuckersüß der Titel klingen mag, er ist das ungetrübte Gegenteil von süß. Süßlich vielleicht, wenn man die Tonnen an Ejakulat und Fluor dazu reihen mag. Wir reden hier immerhin von einem der best frequentiertesten Stühle am Wiener Nachschmarkt.
Der “Thron”, wie er von Insidern liebevoll genannt wird, gehört zum roten Saftladen wie das Amen im Gebet und thront haargenau dort, wo er auch hingehört: am Häusl. Doch anders als in anderen Königreichen teilt hier der Bar-Monarch den Thron mit dem gemeinen Volk. Die Menge der Ausscheidungen, die darauf zu finden sind, sind nachweislich ein olfaktorischer Tummelplatz für Bazillen, Keime und Mikroben.
Den Namen verdankt jener legendärer Kunststoffleder-Stuhl allerdings seinem mintgrünen “Ich hab mal eben hingekotzt”-Farbton. Wäre ich Pantone Farbcode-Hersteller würde ich ihn am ehesten mit “80er-Jahre-Prolotürkis mit spermaweißer Marmorierung” titulieren.
Platz genommen haben darauf schon viele: Poeten wie Proleten, Träumer und Überschäumer. Allerdings dient dieser Thron mit Proloton nicht nur der sexuellen Erleichterung. Nein, mutige Saftladenbesucher können darauf auch ein “stink”-normales Nickerchen machen. Gestört wird die Erholung am WC-Vorraum auch weniger durch alkoholisierte Getränke-Rückerstatter, als viel mehr durch beißend-stechenden Uringeruch. Mag daran liegen, dass man(n) nicht mehr ins Schüsserl trifft nach 20 Bier.
Mich würde interessieren, wie viele Thronfolger schon auf jenem Stuhl gezeugt wurden. Oder ob dieser just zur Verhinderung dieser beitragen haben mag. Auch Einstellungsgespräche, Kündigungen und Lohn-Abrechnungen hat dieser arme Stuhl schon viele Male ausgestanden. Und Streitereien durchgestanden. Könnte er reden, müsste man ihm glatt den Mund mit Gafferband verbinden. Zu viele Geheimnisse birgt dieser Stuhl in sich. Vielleicht auch wunderschöne. So manches Happy-End hat sich zumindest tief hineingefressen.
Man möchte gar nicht glauben, was Mensch an manchen Orten alles (üb)erlebt. Ein mittelschwerer Genitalherpes ist nach so einer “Sitzung” allerdings unvermeidlich. Damit das auch so bleibt, wird dieser heilige Stuhl (wie vieles andere auch) niemals gereinigt. Wer diesen legendären Thron bestaunen oder bestäuben mag, kann dies nach Lockdown-Zeiten wieder tun. Zu hoffen sei dann nur, dass CSI hier niemals einen Abstrich nehmen muss.
Ohne sein saftiges Philanthropenmuster wäre er aber längst nicht mehr das, was er ist: Ein Sammelplatz der menschlichen Kulturen.
Anmerkung: Diese Geschichte handelt lediglich von einem Stuhl und keinesfalls von diversen Lokalitäten oder Menschen. Manch Leser oder Naschmarktfreund mag diesen Thron vielleicht wiedererkennen. Auch dann sei gesagt: Es ist nur die Geschichte von einem legendären, grünen Stuhl!
© Hillevi Hofmann 2021-01-11