von Elisabeth Otto
Unser erster Urlaub seit Langem stand vor der Tür, dieser fiel coronabedingt etwas kleiner aus. Es sollte an die Ostsee gehen, genauer gesagt direkt nach Kiel.
Angeblich sollte es dort viel Wasser geben, ich war sehr gespannt, denn ich hatte bis dahin noch nie ein Meer gesehen. Aber wer weiß, ob ich da überhaupt so viel verpasst habe, Wasser mag ich nämlich nicht besonders.
Meine Menschen hatten sich tatsächlich in den Kopf gesetzt, mit der Bahn zu reisen und mich mussten sie natürlich mitschleppen. Ich merkte, dass ich scheinbar für Einschränkungen sorgte, da ich die Zweibeiner immer wieder Dinge sagen hörte wie: „Das Hotel erlaubt aber keine Haustiere!“, und „Ich bin sowieso eher für eine Ferienwohnung, das ist doch auch für Mike entspannter.“
Als endlich eine schöne Unterkunft gefunden worden war, ging es ans Eingemachte. Nachdem meine Menschen eine passende Bahnverbindung ausfindig gemacht hatten, unterbrachen sie plötzlich ihre Vorbereitungen. „Was ist denn jetzt los? Warum kann ich hier keinen Hundetarif auswählen?“, schimpfte mein Herrchen. „Keine Ahnung, habe ich bisher noch nie gebraucht“, erwiderte eine Frauenstimme.
Ich spitzte die Ohren, anscheinend ging es um mich. Es wurde ewig diskutiert und recherchiert, bis sich eine Lösung fand. Aha, wenn es nach der Deutschen Bahn geht, bin ich also ein minderjähriges, alleinreisendes Kind. „Das muss man aber auch erstmal wissen, steht doch nirgends!“, empörten sich meine beiden Adoptiveltern.
Also, wenn ich das alles richtig verstanden habe, musste ich den halben Preis bezahlen, da ich größer bin als eine Hauskatze und somit nicht in einer Box oder Tasche transportiert werden kann. Toll!
Der blöde Chihuahua, der in der Wohnung über mir haust, dürfte also kostenfrei mitfahren. Dabei bin ich viel umgänglicher und friedlicher als diese aggressive Kampfratte.
Kleine Menschlein bis 14 Jahre reisen in Begleitung eines Erwachsenen kostenfrei, deshalb musste ich mich als unbegleitetes Kind ausgeben, um überhaupt ein Ticket zu bekommen. Frechheit! Warum dürfen die umsonst mitkommen und ich nicht? Die brauchen immerhin einen eigenen Sitzplatz, machen viel mehr Dreck und sind meistens auch noch unheimlich laut. Manchmal essen sie sogar im Zug und krümeln alles voll. Ich hingegen, liege friedlich unter dem Sitz, tue keiner Menschenseele was Böses und will einfach nur meine Ruhe haben.
Aber die Diskussion ging noch weiter. „Ach nein, jetzt kann ich das Ticket für Mike nicht mal in der Onlinevariante kaufen!“, rief Herrchen und wirkte sichtlich gestresst. „Unsere können wir doch auch herunterladen und selbst ausdrucken.“
Er stöberte in den Tarifinformationen der Bahn und suchte dann weiter in diversen Reiseblogs, Infoseiten und Erfahrungsberichten. „Aha“, hörte ich plötzlich, „hier steht was.“
© Elisabeth Otto 2024-04-23