Der Anmachspruch

Marcela

von Marcela

Story

Fröhlich nippte ich an meinem Spritzer. Das Freiraum in Wien war für einen Dienstagabend wirklich gut besucht, stellte ich erstaunt fest, fast keine freien Plätze mehr. Zufrieden lehnte ich mich zurück. Dazu gab es auch allen Grund! Ich hatte die STEOP, eine wichtige Prüfung meines Studiums, geschafft. Das musste gefeiert werden, beschlossen meine Freundinnen Steffi und Elena.

„Hey!“, hörte ich plötzlich eine männliche Stimme hinter mir und jemand tupfte mir auf die Schulter. Mit hochgezogener Augenbraue drehte ich mich um. Ich kannte niemandem in den Lokal, was könnte dieser Mann bloĂź wollen? Ich drehte mich um. Der Mann, der vor mir stand, war schlicht und ergreifend atemberaubend. GroĂź, muskulös, gebräunt mit braunen Haaren und Augen. Genau mein Typ.

„Es tut mir so leid.“, flĂĽsterte er leise, „Ich habe eine Wette verloren. Bitte spiel mit!“ Wo bitte sollte ich mitspielen?, wollte ich gerade antworten, als er auch schon mit lauter Stimme durch das Lokal rief: „I hob in mei Bett gschissn, deaf I bei dir schlofn?“ Aha, daher wehte also der Wind. Ein dummer Anmachspruch. Er geisterte schon seit Wochen zuerst durch sozialen Medien und jetzt auch immer mehr durch die Lokalen. Ein Tisch voller Männer ein wenig weiter hinten begann johlend zu lachen. Seine Freunde, wettete ich.

Ich hätte das GefĂĽhl nicht näher beschreiben können, aber irgendwie war mir der Typ sympathisch. Also was solls?, dachte ich mir. „Wenn du so lieb fragst, kann man ja gar nicht nein sagen!“, entgegnete ich mindestens genauso laut und stand auf. Nun war es an dem Adonis, entgeistert zu schauen, anscheinend hatte er seine verzweifelte Bitte schon vergessen. Also nahm ich ihn kurzerhand am Ă„rmel, fragte noch laut „Gehen wir?“, und wir machten uns auf den Weg.

Seine Freunde starrten uns an, als wir an ihnen vorbeigingen. Fröhlich zwinkerte ich ihnen zu. Sie schauten ihren Eroberer nur sprachlos an. Zielstrebig ging ich mit ihm gemeinsam durch die Eingangstür, hinter uns setzte wieder das Johlen des Männertisches ein, dann war die Tür auch schon geschlossen.

„Äääähhh…“, stammelte der Mann, er war offensichtlich so ĂĽberfordert, dass ich doch ein wenig Mitleid mit ihm hatte. „Keine Sorge“, sagte ich und lachte, „Ich nehm dich natĂĽrlich nicht wirklich mit heim! Ich wollte nur mitspielen.“

Da begann der Mann aus vollstem Hals zu lachen. „Koni“, sagte er und streckte mir seine Hand entgegen. „Marcela“, antwortete ich und schĂĽttelte sie. „Also ich habe es nicht eilig, da wieder reinzugehen.“, meinte Koni grinsend und ich musste ihm Recht geben. Also tauschten wir uns noch ein wenig aus. Wir merkten gar nicht, wie die Zeit verging und plötzlich waren zwei Stunden vorbei. Bis zum Ende des Abends hatten wir Nummern ausgetauscht.

Als er sich am nächsten Tag wirklich meldete, freute ich mich sehr. Ein Paar wurde nicht aus uns, aber wir sind bis zum heutigen Tage eng befreundet und erzählen die Geschichte, wie wir uns kennengelernt haben, immer wieder sehr gerne.

© Marcela 2020-04-21

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