Der Bemperlprater

Hermann Karosser

von Hermann Karosser

Story

Der Bemperlprater, manche schreiben auch Pemperlprater, war und ist nicht einfach nur ein Karussell, sondern schon ein ganz besonderes. Zitat aus Wikipedia: „Der Pemperlprater 
 ist ein von Hand aus Holz geschnitztes Karussell. Es wurde von 1826 bis 1829 von Engelbert Zirnkilton miterbaut und ab 1830 von ihm betrieben. Es ist weltweit das Ă€lteste Karussell mit Ringelstechen“.

Schon der Name seines Schöpfers ist so eine Erinnerung, die einem immer bleibt. Zwar wÀre er mir auf Nachfrage nicht spontan eingefallen, als ich ihn aber las, war er mir sofort wieder prÀsent, genauso wie der Klang der Drehorgel, die an den elektrischen Karussellantrieb angeschlossen war. Sie begann mit der Drehung des Praters sofort zu spielen und war weithin zu hören.

Damals, das heißt in den 1950er und 1960er Jahren, war der Bemperlprater auf der Passauer Maidult in Betrieb, das war das Volksfest, mitten in der Stadt auf dem Exerzierplatz vor der berĂŒhmt berĂŒchtigten, inzwischen abgerissenen Nibelungenhalle.

FĂŒr uns Kinder wichtiger aber war, dass er den ganzen Sommer ĂŒber auf der Innpromenade stand und bei schönem Wetter immer in Betrieb war. Ob mit den Eltern oder spĂ€ter auch alleine mit dem Fahrrad war das Karussell eines der beliebtesten Ziele fĂŒr uns, besonders, als wir alt und groß genug waren, uns mit dem Ringelstechen auch noch Freifahrten ergattern zu können.

Kleinere Kinder konnten einfach in Kutschen oder auf Hirschen sitzen, fĂŒr das Ringelstechen brauchte man aber den Platz auf einem Holzpferd an der Außenseite des Karussells. Man wurde mit Lederriemen festgeschnallt und bekam als „Lanze“ einen Stecher in die Hand, der einem mittelgroßen Schraubenzieher Ă€hnelte, vorne aber stumpf war. Neben dem Karussell stand ein Gestell mit einem circa sechzig Zentimeter langen Holzfisch daran. WĂ€hrend der langsamen Anfangsgeschwindigkeit steckte der Karussellbetreiber dem Fisch silberne und goldene Ringe ins Maul, die dann aus dem Fischmaul ragten. Hatte der Prater seine Höchstgeschwindigkeit erreicht, drehte der Mann den Fisch in Richtung Karussell. Von da an konnten wir vom Pferd aus mit ausgestrecktem Arm nach den Ringen stechen. Der Ring musste am Stecher hĂ€ngen bleiben, fiel er herunter, war der Versuch ungĂŒltig. Goldene Ringe, die eine Freifahrt bedeuteten, waren selten und von den silbernen brachte man nur schwer so viele zusammenbringen, dass es fĂŒr eine Freifahrt reichte. Aber der sportliche Anreiz war zusĂ€tzlich zum Karussell fahren allemal vorhanden.

In spĂ€teren Jahren ist der Bemperlprater eine richtige BerĂŒhmtheit geworden, drehte sich 2007 sogar auf dem MĂŒnchener Oktoberfest. 2014 von der Stadt Passau fĂŒr einen Euro gekauft, wartet er seither aber vergeblich auf seine Wiederbelebung.


© Hermann Karosser 2020-07-05

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