von Lisa Self
Ich ging spazieren und sah einen Bettler am Straßenrand sitzen. Er fror, doch auf seinem Gesicht sah ich ein Lächeln. Ich fragte den Bettler: „Warum lächelst du, obwohl du auf dem kalten, nassen Asphalt der Straße sitzt und frierst? Warum lächelst du, obwohl du täglich Hunger leiden musst, während andere Menschen jeden Tag an einem reichlich gedeckten Tisch sitzen können? Sag mir, Bettler, warum lächelst du, obwohl die Menschen würdelos auf dich nieder blicken, als wärst du ein krankes, verwahrlostes Tier? Warum, Bettler, bist du nicht wütend auf die vielen anderen Menschen, denen es so viel besser geht als dir, die nicht frieren und Hunger leiden müssen? Bist du nicht wütend auf Gott, da er dich verlassen hat? „Da blickte mich der Bettler an. Als er sprach, standen Tränen in seinen Augen: „Gott hat mich nicht verlassen, er würde nie eines seiner Kinder verlassen! Gott hat mich reicher als viele andere Menschen auf dieser Welt gemacht. Doch meinen Reichtum kann man nicht sehen, denn er hat mir den Glauben, die Hoffnung und die Zuversicht geschenkt, und deshalb lächle ich!“ Dieses Gedicht schrieb ich in einer Phase meines Lebens, in der es mir unendlich schlecht ging und ich nicht mehr weiter wusste. Ich war zutiefst verzweifelt und hatte keine Kraft mehr. Es war diese Begegnung, an die ich plötzlich denken musste. All meine Tränen, all der Schmerz und die Verzweiflung verschwanden. Ich spürte neuen Mut und den unerschütterlichen Glauben daran, dass alles wieder gut werden würde. Ich fühlte mich mit einem Mal geborgen und beschützt, wusste ich doch, dass Gott auch mich niemals verlassen oder aufgeben würde. Viel zu oft sehen wir nur das Schlechte, nur das, was uns fehlt oder was wir nicht haben können. Dabei sind es die kleinen Dinge im Leben, die uns reich machen und uns ein Lächeln ins Gesicht zaubern können. Wir sollten dankbarer und wertschätzender mit dem umgehen, was für uns oftmals selbstverständlich ist. Der Bettler, dem ich begegnete, lächelte trotz bitterer Armut, trotz Hunger und Kälte. Allein sein Glaube, seine Hoffnung und die Zuversicht auf eine womöglich bessere Zukunft zauberten ihm ein Lächeln ins Gesicht und dieser Anblick berührt mich bis heute jedes Mal aufs Neue. Ich hoffe und wünsche mir sehr, dass euch mein Text eine kleine Freude bereiten und euch in schweren Stunden vielleicht ein wenig Trost spenden wird.
© Lisa Self 2024-01-15