von Kamélia Bancsov
Dem Blutmond begegnet man selten. Aber wenn man ihn einmal gesehen hat, dann vergisst man dies nie wieder.
Den ersten roten Mond sah ich in meinem Dorf. Im Dorf sind die Häuser klein und der Himmel groß. Aus diesem Grund wirken die Sterne und der Mond größer als in den Städten. Ich war ca. 8 Jahre alt, als ich den roten Mond zum ersten Mal sah. Ich konnte es nicht glauben, was ich da sah. Ein riesiger Sternenkörper tauchte am Himmel auf und löste sich grad von den Feldern los. Ich war paralysiert. Ein paar Minuten später sah der Mond wie vom Feuer ergriffen worden zu sein, als ob er in Flammen stehen würde. Ich erinnere mich bis heute an dieses Ereignis. Ich bin mir jedoch sicher, dass meine Fantasie mit mir damals spielte, als ich Flammen auf dem Mond entdeckte. Erst Jahre später ergab diese Symbolik für mich einen Sinn.
Die Farbe „rot“ steht für die Leidenschaft, für die romantische Liebe. Als ich diese zum ersten Mal erlebte, schwebte ich wie der Mond auf der Himmelslandarte. Diese Liebe stand in Flammen, und ich wurde durch sie fast verbrannt. Stattdessen aber stieg ich auf wie der Phönix aus der Asche. Wer ich davor war, war mir plötzlich unklar. Es fiel mir schwer, mein Handeln zu rechtfertigen. Warum wollte ich für diese Liebe so sehr brennen, obwohl ich wusste, dass sie mich in die Hölle mitreißen würde? Dank dieser Beziehung löste ich mich in der Luft aus. Die Transformation tat weh, das Feuer brannte sich in meine Seele ein. Ich befand mich also in der Hölle. Man muss aber davor sündigen, um in die Hölle zu gelangen. Welche Sünde war also meine? Jemanden zu lieben oder den falschen zu lieben?
Diese Sünden stehen nicht auf der Liste der Geboten, die Moses von Gott erhielt. Die Liebe ist doch schön und heilig, so predigen dies die Religion und die Gesellschaft. Diese Lektion war sehr bedeutsam für mich. „Nosce te ipsum“ – „Erkenne dich selbst“, schrieben antike Philosophen. Der kürzeste Weg zu dir selbst ist durch die Liebe, egal ob schön oder tragisch. Meine Haut glänzte danach vom Feuerstaub. Sie erinnert mich an meine Wunden und an die Sünde. Ich musste mich zuerst ablehnen, um zu mir selbst zurückzufinden. Ich musste fallen, um meinen Selbstwert zu finden.
© Kamélia Bancsov 2022-04-29