von Lotte Maria Kaml
Ich hatte einmal einen Verehrer. War eine kurzfristige Sache. Das Ganze ist schon ein paar Jährchen her, deshalb lege ich heute die Karten auf den Tisch: Kennengelernt habe ich ihn auf einem Sommerfest. Er stand an der Bar. In einer Hand hielt er ein Glas Rotwein, mit der anderen fuhr er sich lässig durchs frisch gefönte Haar. Groß war er, schlank, aber nicht zu dünn. Er trug Jeans, ein weißes Sommer-Hemd und mit einem Fuß wippte er im Takt der Musik.
Es war eine laue Sommernacht, in der Luft hing der Duft von Blumen und Kräutern und die Musik verführte zum Träumen. Eine romantische Nacht, wie geschaffen zum Verlieben. Der Sänger der Band schmetterte in voller Lautstärke „Azzurro…“ und meine Freundin und ich blickten sehnsüchtig auf die Tanzfläche, die noch ziemlich leer war.
Sonja stieß mich an. „Genau dein Typ, oder?“ Ganz ungeniert zeigte sie mit dem Finger in Richtung Bar. „Überhaupt nicht!“, erwiderte ich peinlich berührt. Als ob der Mann an der Theke unsere Blicke gespürt hätte drehte er sich um, stellte sein Glas ab und steuerte auf unseren Tisch zu. „Na, wie wär´s mit einem Tänzchen? Ich bin der Wolfgang, der böse, böse Wolf!“ Breit grinste er mich an. Fand ich nicht so wirklich witzig. Ich stand auf, folgte ihm auf die Tanzfläche und dann wurde mir auf einmal anders.
Ungünstiger Weise spielte die Band jetzt einen Tanz den man nicht „offen“ tanzen konnte, genauer gesagt einen Tango. Abgesehen davon, dass ich nicht Tango tanzen kann stieg mir etwas in die Nase: Dieser Schönling roch nach Schweiß. Und wie! Ich versuchte auf Distanz zu gehen, aber seine Arme waren stark und er presste mich an sich. „Wollen wir noch woanders hingehen?“ Mit schmierigem Lächeln sah er mich an und begrapschte meinen Hintern. Ich holte tief Luft. Mundgeruch hatte er auch noch! Ich drehte also den Kopf zur Seite und versuchte seinen Füßen auszuweichen, die ungeschickt im Kreis herumstolperten. Als ich kapierte dass er überhaupt nicht tanzen konnte, kam mir die Idee wie ich ihn wieder loswerden könnte:
„Du, Wolf“, ich lächelte ihn an, „Tango ist doch der erotischste Tanz der Welt! Ich mag das genauso wie du. Tanzen ist mein größtes Hobby und ich bin schon seit ein paar Jahren im Tanzverein. Los, wir machen eine kleine Tango-Show! Ich sag´ schnell der Band Bescheid.“ Demonstrativ blieb ich auf der Tanzfläche stehen, fuchtelte mit beiden Händen in Richtung der Musiker und strahlte ihn an. Dem Möchtegern-Casanova schoss die Röte ins Gesicht, blitzartig ließ er mich los. „Entschuldige mich kurz“, und weg war er.
Die laue Sommernacht genossen meine Freundin und ich bis zum Morgengrauen. Wir tanzten, bis uns die Füße weh taten und lachten Tränen, als Sonja schon etwas beschwipst sagte: „Dieser Wolf mit seiner Fönfrisur! Der braucht mindestens einen Schafspelz.“ Aber dass ich nie Tango tanzen gelernt habe tut mir schon ein bisschen leid.
© Lotte Maria Kaml 2020-04-24