In den letzten Tagen ist mir immer wieder bei meiner allmorgendlichen Runde ein älterer Herr mit einem dreibeinigen Hund aufgefallen. Mehrere Male musste ich hinsehen, ob denn der kleine Hund wirklich nur drei Beine hatte, da er quietschvergnügt auf den Wegen herumlief, doch tatsächlich fehlte eines seiner Vorderbeine.
Als ich dem älteren Herrn mit seinem schwarzen Energiebündel letzte Woche direkt begegnete, und er mich freundlich grüßte, wagte ich ihn zu fragen, warum der Hund nur drei Beine habe. Der ältere Herr fixierte mich mit einem starren Blick und meinte:“Nach dem Tod unseres Sohnes kam der Hund in ein Tierheim und wäre dort, da sich ihm niemand erbarmt hatte, eingeschläfert worden. Deshalb haben meine Frau und ich uns entschlossen, das Tier zu uns zu nehmen.
Auf einmal füllten sich meine Augen mit Tränen, als ich den alten Mann und den vergnügten Hund nebeneinander stehen sah.
Ich erinnerte mich, dass der Sohn des Mannes sich vor einiger Zeit das Leben genommen hatte.
Ich blinzelte ein wenig in die Morgensonne und versuchte, den älteren Herrn zu trösten: „Ja, ein Hund ist wohl die beste Therapie.“ Er schenkte mir ein warmes Lächeln und meinte:“Das stimmt wirklich. Heute gehen wir noch gemeinsam auf die Alm und lassen uns dort ein gutes Mittagessen schmecken.“
Ich dachte mir, wie grausam, aber auch wie schön doch das Leben sein kann. Da hat der alte Mann dem dreibeinigen Hund das Leben gerettet und bekommt viel Liebe und neue Lebensfreude geschenkt.
© Waltraud Wohlmuth 2020-10-18