von MWagner
Der Eitle:
„Ah,ah, schau, schau, ein Bewunderer kommt zu Besuch. […] „Bewunderst du mich wirklich sehr?“ Fragte er den kleinen Prinzen. „Was heißt bewundern?“ „Bewundern heißt erkennen, dass ich der schönste, der bestangezogene, der reichste und der intelligenteste Mensch des Planeten bin.“ Aber du bist doch allein auf deinem Planeten.“ „Mach mir die Freude, bewundere mich trotzdem!““ Antonie de Saint Exupery( 2004), der kleine Prinz, S.43f
Ich traf ihn in einer Disco. Die Tanzfläche lichtete sich, nur noch ein paar wenige Gestalten schwangen das Tanzbein, oder waren zu betrunken, um noch geradezustehen und ein paar andere wollten nicht nach Hause gehen, so wie er und ich. Die Tanzfläche lichtete sich und er stand vor mir. Ich kenne dich, sprach ich ihn an, „wohl kaum“ entgegnete er mir, und vermutlich verwechselte ich ihn tatsächlich. Aber da standen wir nun, lächelten uns an und vertieften uns so dann in ein belangloses Gespräch. Er sah sehr gut aus. Er war groß, er war durchtrainiert. Ein richtig schöner Mann. So sollte er auch bleiben. Wir wurden ein Paar und verbrachten jede freie Minute zusammen. Wir waren unglaublich glücklich und verliebt und lernten uns immer besser kennen. So kam es, dass ich auch seine Wohnung kennenlernte und mir immer mehr irritierende Sachen auffielen. Was ich vorher nie gesehen habe, war ein Spiegel, der längs über seinem Bett hing, damit er sich auch sehen konnte. Jeden Morgen, bevor er das Haus verließ, stellte er sicher, dass er perfekt gekleidet war. Er trug die feinsten Stoffe und die neuesten Modetrends, und er war überzeugt, dass er der schönste Mensch im ganzen Land war. Was wir auch machten, stets drehte es sich nur um ihn, wie es ihm geht, was er macht. Die Menschen sollten ihn bewundern. Schaut mal, was ich erschaffen habe, schaut mal, was ich mir gekauft hab, was ich angezogen habe. Mein Haar duftet heute wunderschön, meine Haut gepflegt wie eh und je. Seine Haare stets gut frisiert, damit es bloß keine Kritik gibt. Seine Nägel gepflegt, dafür ging er wöchentlich zur Maniküre. Im Fitnessstudio war er Stammgast und vertrieb sich dort die Zeit, stets bedacht seine Muskeln zu definieren. Nur die anderen die waren immer schrecklich, ganz furchtbare Menschen. Niemand kam an ihn ran, niemand.
Und so geschah es, dass auch ich immer mehr neben ihm verblasste, erst innerlich, dann äußerlich. Die scheppernden Scherben nahm er schon gar nicht mehr wahr.
© MarMar 2025-02-11