von Isi Dora
Meine ersten acht Lebensjahre verbrachte ich in Kittelfeld. Mit meinen Eltern und meinen beiden Schwestern bewohnten wir eine Parterrewohnung in der Schmittstraße. Wir durften den Innenhof zum Spielen verwenden, lernten dort Radfahren, hatten eine Mini-Sandkiste und hüpften zu verschiedenen sinnlosen Reimen Gummi. Wir hatten es nicht weit in den Stadtpark, dort waren wir sehr oft zum Spielen, aber auch zum Eislaufen und sogar Schigefahren sind wir im Park. Ich besuchte den Kindergarten in der Kärntner Straße, den mit den Glupschaugen. Dort erlebte ich eine wohl ausgesprochen schöne Zeit, kein Wunder, es war ja ein Kinderparadies. Die einzige negative Erinnerung – mit etwa vier Jahren (ich war schon im Kindergarten, da ich einen „Sprachfehler“ hatte und daher sollte ich mehr unter andere Kinder): Die geliebte Tante bat uns, alle unsere Zutzis am nächsten Tag mitzunehmen. Zutzis, das sind Schnuller. Natürlich nahm ich stolz alle meine Zutzis mit in den Kindergarten. Doch zu meinem Entsetzen mussten wir sie allesamt in die riesengroße Mülltonne schmeißen! Keine Chance, die je wieder rauszubekommen! Das war ein großes Drama…
Der Übergang in die gleich daneben anschließende Volksschule verlief ausgesprochen harmonisch, zumindest hab ich keine Erinnerung an etwas Gegenteiliges. Nach zwei weiteren schönen Jahren in der Schule stand jedoch gegen das Schulende vor den Sommerferien unser Umzug nach Zeltweg bevor.
Der Schulweg war eigentlich schnurstracks gerade von zu Hause über zwei Straßen querend. Doch es war beim Heimgehen immer viel lustiger, den einen oder anderen Umweg zu machen. Auf der einen Seite gab es ein kleines Geschäft, bei dem wir für ein paar Zehnerl oder einen Schilling offenen Süßkram kaufen konnten, sozusagen als Wegzerrung nach dem Schultag. Auf der anderen Seite war es etwas abgelegener, da traf man auch nicht soviele Menschen. So kam es wohl oft vor, dass ich für meinen fünf Minuten Weg nach Hause, das dreifache an Zeit brauchte.
Aber es gab noch einen anderen Grund für meine Umwege: Ich ging auch öfters den anderen Weg, weil ich verliebt in meinen Mitschüler Andreas war. Wir nutzten gerne jede Gelegenheit, um noch ein paar Meter miteinander gehen zu können.
Am letzten Schultag vor den Sommerferien waren wir schon besonders traurig, weil wir uns wohl wegen dem Umzug nicht mehr sehen würden. Wir gingen wieder gemeinsam – bis zum Kreuzungspunkt, an dem sich unsere Wege endgültig trennten. Wir blieben gegenüber stehen. Er nahm meine Hand und wir schauten uns tief in die Augen. Plötzlich küsste er mich auf den Mund! Die Welt um mich herum verlor an Bedeutung. Den Augenblick festhalten! Doch leider, die Zeit blieb nicht stehen. Wir verabschiedeten uns schließlich.
Ich träumte noch lange davon, stellte mir vieles vor. Die Erinnerung an diesen einzigartigen romantischen Moment blieb in mir – bis heute. Unsere Wege kreuzten sich nie wieder.
© Isi Dora 2019-12-22