von Inahusch
Jeden Tag steht ein âTĂŒrchenâ vor der TĂŒr, geliefert von den Damen, die kochenderweise den Vormittag in der Gmoakuchl verbracht haben. Das TĂŒrchen ist dumpfgelb und schwer. Auch ohne Inhalt. Mit freudig erwartetem Inhalt noch schwerer. Die Mutter hebt, stellt, öffnet die Box bis zum Innendeckel. Dann das groĂe RĂ€tseln: Was gibt es heute? Kein verrĂ€terischer Duft, die Deckel schlieĂen gut. Ist schlieĂlich wichtig, dass nichts von den Kostbarkeiten entkommen kann. Mutter hebt den groĂen Deckel ab. Heute gibt es âŠ. Gebackenen Reis! Eine ihrer Lieblingsspeisen. Reisauflauf sagt man ĂŒblicherweise dazu. Im kleinen Boxerl daneben wartet das verlockende Apfelkompott. GewĂŒrznelke und Zimtrinde bereiten der Nase einen vorweihnachtlichen Genuss. Die Fritattensuppe wird fĂŒr den Abend aufgehoben, denn der Appetit wurde mit den Jahren kleiner.
Die Freude, der sichtbare Genuss beim Verspeisen der kulinarischen Adventfreuden, das ist schön anzusehen. Schön, dass es diese Möglichkeit gibt: Essen auf RĂ€dern. Schön, dass die Damen und Herren den Adventkalender fĂŒr meine Mutter so liebevoll zubereiten. Schön anzusehen ist er allemal, der Gmoakuchl-Adventkalender. Wie da die gerösteten Zwiebelringe es sich auf dem molligen ErdĂ€pfelpĂŒree bequem machen. Allerdings nicht lange. Oder die Biskuitroulade, die formvollendet im silbernen Bett auf ihren groĂen Auftritt wartet. Alles in allem eine lobenswerte Symphonie. âDes Paprikahendl hĂ€ttâ i net besser mochân kenna.â â Ein solches Lob aus dem Munde meiner Mutter bedeutet Höchstnote. Mutter war in ihrer aktiven Zeit als GroĂfamilienversorgerin eine begnadete Köchin. Alles schmeckte einmalig, auch wenn sie jedes Mal beim Mittagstisch etwas an ihrer Kochkunst zu bemĂ€ngeln wusste.
Nun erwarten wir noch zwölf Ăberraschungen. Ja, natĂŒrlich gibt es einen MenĂŒplan, auf dem man nachlesen kann, was heute und morgen und ĂŒbermorgen den Gaumen erfreuen wird. Doch mit dem Alter ist das so eine Sache: Man kann sich doppelt freuen. Das eine Mal beim Studieren der TagesĂŒberraschung auf dem Plan. Und weil das Vergessen halt manchmal schneller ist als das Merken, kommt die zweite Freude beim Ăffnen der mittĂ€glichen Schatzkiste. Ist doch schön, nicht wahr?
Schön auch, dass nach Weihnachten die Ăberraschungen weiter geliefert werden. Da gibt es die Vorsilvesterfreuden, die JĂ€nner-Ăberraschungen, die Februar-GenĂŒsse, âŠ.
© Inahusch 2021-12-15