von Hermann Karosser
Vor ĂŒber fĂŒnf Monaten, am 2. Juli 2020 ist meine erste Geschichte erschienen. Inzwischen sind es 118 geworden, unglaublich selbst fĂŒr mich. Unglaublich aber auch, wie unterschiedlich die Menschen in meinem Umfeld darauf reagieren, wenn ich ihnen von meinem Geschichtenschreiben erzĂ€hle und davon, dass ich die Texte sogar veröffentliche. Meistens ist es Bewunderung: | âDu kannst sowas?â | âDas find‘ ich toll!â | âMuss ich gleich mal googeln.â | âDie BĂŒcher kaufâ ich mir bestimmt, dann musst du mir eine Widmung reinschreiben.â Auch kritische Stimmen gibt es hin und wieder. Ein Beispiel: | âDeine Geschichten haben wir gelesen. Was Du so alles machst, das wĂ€re nichts fĂŒr uns. Es erinnert fatal an deutsche AufsĂ€tze und da war ich immer eine Niete, auch im Abitur.â |
Meistens machen diese Aussagen keinen groĂen Eindruck auf mich. Neulich allerdings haben mich die Worte einer guten Bekannten doch zum Nachdenken gebracht: | âWas du schreibst, ist wirklich sehr unterhaltsam, aber DU GIBST DA EINE GANZE MENGE VON DIR PREIS.â |
NatĂŒrlich habe ich den Button âVERĂFFENTLICHENâ nie leichtsinnig gedrĂŒckt, aber wenn ich den Inhalt all dieser Stories Revue passieren lasse, wird mir schon klar, dass ich fĂŒr den aufmerksamen Leser jedenfalls kein Unbekannter mehr bin. Da stehen Dinge drin, die ich zum Teil noch nie jemandem erzĂ€hlt habe, ĂŒber meine Kindheit, meine Familie, meinen Beruf, meine Steckenpferde, ja sogar was mich freut und mir weh tut, alles.
Hat mich die gute Bekannte womöglich tatsĂ€chlich als âExhibitionistenâ ertappt, weil ich schriftlich mein Innerstes nach auĂen kehre?
ZurĂŒck zu den AnfĂ€ngen. Was steht da in meinem Profil und abgedruckt in jedem der BĂŒcher, die erscheinen? âIn der Corona-QuarantĂ€ne habe ich begonnen, unter dem Titel âBilder aus meinem Lebenâ Geschichten aus meinem Leben fĂŒr meine Kinder und Enkelkinder aufzuschreiben.â Genau! Das war der Plan. Und dabei bleibe ich. Mein Leben ist nun mal âein offenes Buchâ und warum muss ich alle die Erinnerungen mit ins Grab nehmen, wenn sie meine Nachkommen vielleicht doch interessieren? Und nicht nur die. NĂ€chstes Zitat, dieses Mal aus der Inhaltsangabe des Handels zu meinen BĂŒchern: âDas ĂŒberraschende Interesse von Freunden und Bekannten hat ihn veranlasst, die Texte [ ] zu veröffentlichenâ.
Es wird doch bei berĂŒhmten â und sogar weniger berĂŒhmten â Menschen inzwischen auch erwartet, dass sie eine Biografie schreiben oder schreiben lassen. Warum sollte ich mir daran kein Beispiel nehmen können? Schon vom Wort her handelt es sich dabei um eine LEBENSBESCHREIBUNG und soll alle, die daran interessiert sind, teilhaben lassen an diesem Leben. Ist unser Leben nicht sowieso weitgehend öffentlich?
Ich habe nichts zu verbergen âŠ. oder doch? Bekanntlich hat ja jeder eine âLeiche im Kellerâ. Nun, wenn das wirklich auch auf mich zutrifft, kann die verehrte Leserschaft sicher sein, dass ich darĂŒber ganz bestimmt nicht öffentlich schreiben werde.
© Hermann Karosser 2020-12-05